Der Ministerpräsident muss sich im April vor Gericht verantworten. Es geht um Amtsmissbrauch und Sex mit Minderjährigen, der mysteriösen Ruby.

Rom/Mailand. Die italienische Justiz hatte ihn mehrfach im Visier. Doch die „Ruby“-Affäre könnte für ihn zum Stolperstein werden. Ministerpräsident Silvio Berlusconi muss sich wegen seiner mutmaßlichen Sexaffäre mit einer Minderjährigen in einem Schnellverfahren vor Gericht verantworten. Die Mailänder Richterin Cristina Di Censo ließ eine entsprechende Anklage zu. Berlusconi wird vorgeworfen, eine 17-jährige Nachtklubtänzerin für Sex bezahlt zu haben. Später soll er seinen Einfluss genutzt haben, um die Affäre zu vertuschen. Der Prozess vor drei Richterinnen soll am 6. April beginnen. Richterin Di Censo entsprach mit der Entscheidung für ein beschleunigtes Verfahren ohne Voranhörung einer Forderung der Anklage. Ein solches Verfahren wird in Fällen mit erdrückender Beweislast verfügt.

Berlusconi hat die Anschuldigungen als haltlos zurückgewiesen und das Verfahren als Farce bezeichnet. Konkret geht es um seine Beziehung zu einer Marokkanerin mit dem Spitznamen „Ruby“. Italienische Medien veröffentlichten in den vergangenen Wochen zahlreiche pikante Details über wilde Sexpartys in verschiedenen Villen des Regierungschefs. Ein Teil der Informationen war abgehörten Gesprächen zwischen Frauen entnommen, die an den Partys teilgenommen hatten.

Die Staatsanwaltschaft wirft Berlusconi vor, auf einer der Partys die 17-jährige „Ruby“ für Sex bezahlt zu haben. Als diese später unter dem Verdacht eines Diebstahls festgenommen wurde, soll er seinen Einfluss genutzt haben, sie aus Polizeigewahrsam zu holen. Der Ministerpräsident habe befürchtet, in einem Ermittlungsverfahren gegen die Frau könnte seine Beziehung zu ihr enthüllt werden. „Ruby“ wurde schließlich freigelassen. Auch sie bestreitet, eine sexuelle Beziehung zu Berlusconi gehabt zu haben. Allerdings räumte sie ein, dass der Ministerpräsident ihr beim ersten Treffen 7000 Euro gegeben habe.

Der italienische Regierungschef geriet in den vergangenen Jahren bereits mehrfach in Konflikt mit der Justiz. Der aktuelle Fall ist jedoch der erste, in dem es um sein Privatleben geht. Im Fall einer Verurteilung wegen Umgangs mit einer minderjährigen Prostituierten drohen ihm bis zu drei Jahre Haft. Gefährlicher für Berlusconi ist nach Ansicht von Beobachtern indes der Vorwurf des Amtsmissbrauchs, der mit bis zu zwölf Jahren Gefängnis bestraft werden kann.

Mit dem neuen Prozess laufen nun insgesamt vier Verfahren gegen Berlusconi, unter anderem wegen Steuerhinterziehung. Der Regierungschef hat sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen und sich als Opfer linksgerichteter Staatsanwälte bezeichnet. Mit dem jüngsten Verfahren dürfte der Druck auf Berlusconi weiter steigen. Die Opposition forderte ihn am Dienstag erneut zum Rücktritt auf. „Legen sie ihr Amt nieder, lassen Sie uns nicht zum Gespött der Welt werden“, sagte Alessandro Maran von der Demokratischen Partei. „Befreien Sie Italien.“ Der 74-Jährige Ministerpräsident hat einen Rücktritt stets ausgeschlossen.

Berlusconi äußerte sich am Dienstag zunächst nicht zu der Anklage. Er sagte eine geplante Teilnahme an einer Pressekonferenz auf Sizilien zum Thema Einwanderung ab und kehrt nach Rom zurück. Einer seiner Anwälte, Piero Longo, zeigte sich unbeeindruckt von der Anklage. „Wir haben nichts anderes erwartet“, erklärte er laut einem Bericht der Website „Affaritaliani“.