Die Linken feiern den Sieg, die Regierungs-Koalition schwankt. Und Silvio Berlusconi blickt mit Bangen auf den Sex-Prozess um „Ruby“.

Rom. Die einen blasen Trübsal in rechten Parteistuben, die anderen feiern ausgelassen ihre Siege auf der Piazza. Nach der so deftigen Niederlage für Ministerpräsident Silvio Berlusconi bei den Kommunalwahlen schwankt Italien unter sommerlich heißer Sonne zwischen argem Katzenjammer und Aufbruchsstimmung. Der große Verlierer von Mailand und Neapel weilt derweil im osteuropäischen Ausland. Die Zukunft des angeschlagenen „Cavaliere“ ist mit dem Wahldebakel zwar noch nicht besiegelt – er gibt sich bereits wieder kämpferisch. Entzaubert ist der erfolgsverwöhnte Berlusconi aber allemal. Das Regieren wird schwieriger.

In der Mitte-Rechts-Regierungskoalition rumort es, und auch in Berlusconis Partei PdL (Volk der Freiheit) kracht es gewaltig. Die Opposition triumphiert, muss sich aber auch von bedächtigen Leuten aus den eigenen Reihen sagen lassen, dass man nicht überziehen dürfe. Berlusconi räumt aus dem fernen Bukarest die Backpfeife ein, um gleich die Losung des Weitermachens auszugeben: „Es gibt keinen anderen Weg, als die Nerven zu behalten und voran zu schreiten.“ Nun müssten eine Steuer- und Justizreform her und ein Plan für den immer noch unterentwickelten Mezzogiorno, den armen italienischen Süden. „Jedes Mal, wenn ich besiegt werde, verdreifache ich die Kräfte.“ Wenn der 74-jährige Medienmogul und Milliardär das sagt, dann klingt es wieder großspurig – oder auch wie eine hohle Durchhalteparole.

In diesem ganz auf Berlusconi zugeschnittenen „Volk der Freiheit“ stellt man die PdL-Nationalkoordinatoren als verantwortlich für das Desaster von Triest bis Cagliari an den Pranger. Berlusconi könnte also seinen Justizminister Angelino Alfano als Einzelkämpfer aufstellen, der die Partei nun mit Blick auf die Parlamentswahlen 2013 zusammenschweißt.

Das wird bitter nötig sein, denn viele sehen ihre Felle davon schwimmen. Wie lange wird Umberto Bossi von der rechtsauslegenden Lega Nord Berlusconi in der Mitte-Rechts-Koalition noch die Stange halten? „Bossi hat die Koffer gepackt, aber die Allianz hält noch – im Moment“, titelte am Tag nach dem Kommunalwahldesaster die Turiner Zeitung „La Stampa“.

Von Bukarest aus telefonierte Berlusconi mit Bossi, um danach zu verkünden, die kriselnde Koalition setze ihre Arbeit fort. Ist es nicht fast die Regel, dass Regierungen bei Zwischenwahlen oft mächtig Federn lassen müssen? So könnte man es nehmen, hätte sich Berlusconi nicht so weit rausgehängt und von „Testwahlen“ gesprochen.

Während dunkle Wolken über Berlusconis politischer Zukunft hängen, geht auch sein mit Spannung erwarteter Sexprozess um das junge Escortgirl Ruby weiter – allerdings auf Sparflamme. Berlusconi weilte auf einem rumänisch-italienischen Gipfel in Bukarest, als seine Anwälte Niccolo Ghedini und Piero Longo sich vor dem Mailänder Geschworenengericht mit den Vorverhandlungen herumschlugen. Sie wollten alles daran setzen, ihrem auch von drei Prozessen um Betrug und Korruption heimgesuchten Mandanten dieses so pikante Verfahren um Sex mit minderjährigen Prostituierten zu ersparen. Falls das möglich ist.

Stille Tage in Rom liegen jedenfalls nicht vor Berlusconi. Das Vertrauen seiner Getreuen in ihn als jemand, der Blankoschecks auf Siege ausstellt, ist dahin. Übersteht er die Durststrecke bis 2013? „Ich wollte schon meine Beerdigung bestellen, aber ich habe zu viele Verpflichtungen“, versucht er die miese Lage ironisch zu überspielen. (dpa)