Philip Murphy, Botschafter der USA in Berlin, wehrt sich gegen die Attacken der FDP. Er entschuldige sich, wolle aber nicht zurücktreten.

Hamburg/Berlin. Vielleicht wird Philip Murphy ja doch noch Lehrer am renommierten Hamburger Gymnasium Allee. Dort hatte ihm Direktor Dirk Mumm erst vor knapp einem Monat einen Job angeboten, n achdem der US-Botschafter vor der Oberstufe eine mitreißende Unterrichtsstunde gestaltet hatte.

Damals hätte niemand gedacht, dass Murphy nur wenige Wochen später um seinen Job würde bangen müssen. Doch nach den Wikileaks-Enthüllungen über Einschätzungen der US-Botschaft zu deutschen Regierungsmitgliedern ist eine heftige Debatte über seine Abberufung entbrannt.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Hans-Michael Goldmann forderte die US-Regierung auf, Murphy aus Berlin abzuberufen. „Das Verhalten von Herrn Murphy ist ungehörig. ... So ein Botschafter muss nach Hause geholt werden“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Er kritisierte besonders, dass sich Murphy - anders als US-Außenministerin Hillary Clinton – bisher nicht bei der Bundesregierung für die bei Wikileaks veröffentlichten Notizen entschuldigt habe. Auch FDP-Außenpolitiker Bijan Djir-Sarai und FDP-Verkehrsexperte Patrick Döring sind der Meinung, Murphy sei kein vertrauensvoller Gesprächspartner mehr.

Nun hat sich der US-Botschafter Murphy offiziell entschuldigt. „Ich bin wirklich erschüttert und wütend, dass dieses Leck entstanden ist. Und ich entschuldige mich überall dafür“, sagte Murphy der „Welt am Sonntag“. Im Abendblatt-Interview hatte er zuvor gesagt, es sei Sache der USA, zu entscheiden, wie und mit wem sie angesichts dieser Berichte ihre Aufgaben in Deutschland effektiv erledigen wollen : „Aber ich gehe nirgendwo hin.“ Nach einer Emnid-Umfrage im Auftrag der „Bild am Sonntag“ sind 51 Prozent der Deutschen für seinen Verbleib auf dem Posten, 32 Prozent dagegen.

Auch Kanzlerin Angela Merkel und Politiker von Union und Grünen hatten sich gegen eine Abberufung des Botschafters ausgesprochen. „Die Bundesregierung fordert ausdrücklich nicht die Abberufung des Botschafters“, sagte Merkels Sprecher Steffen Seibert. Das deutsch-amerikanische Verhältnis sei belastbar und wichtig. Seibert verwies darauf, dass die Bundesregierung von den USA bereits vor der Veröffentlichung der vertraulichen Dokumente durch Wikileaks „erklärende Anrufe“ erhalten habe.

Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz, stärkte Murphy demonstrativ den Rücken. „Die Forderung nach einer Abberufung ist abwegig“, sagte Polenz. „Der Botschafter ist nicht für die Veröffentlichung von Wikileaks verantwortlich.“ Betroffen sei zudem der gesamte diplomatische Dienst der USA. Wie Murphy deutsche Politiker beurteile, sei im übrigen seine Sache.

In den schwarz-gelben Regierungsfraktionen und vor allem der FDP gibt es dennoch Zweifel, ob Murphy nach der Veröffentlichung vertraulicher Berichte aus seiner Botschaft noch das volle Vertrauen seiner Gesprächspartner genießt.

Nach tagelangen Spekulationen hatte sich FDP-Büroleiter Helmut Metzner als derjenige geoutet, der während der schwarz-gelben Koalitionsverhandlungen die US-Botschaft mit Informationen versorgt hatte . Besonders peinlich ist das für Westerwelle. Der Außenminister hatte nach den ersten WikiLeaks-Enthüllungen noch heftig bezweifelt, dass jemand aus seiner Partei die Amerikaner über Interna informiert haben könnte.

In FDP-Kreisen hieß es, der inzwischen suspendierte Metzner habe nie mit Murphy selbst gesprochen. Er habe vielmehr auf Arbeitsebene Kontakt mit einem Botschaftsmitarbeiter gehabt, der die Informationen in indirekter Rede weitergegeben habe. Es seien „keine tatsächlich relevanten, vertraulichen Informationen“ weitergegeben worden. Vielmehr hätten derlei Informationen auch Journalisten bei den Koalitionsverhandlungen im Herbst 2009 vorgelegen. Außerdem sei Westerwelles entscheidendes Büro derzeit im Auswärtigen Amt, hieß es in der Parteispitze. Das Büro in der Parteizentrale, das Metzner seit Jahresanfang leitete, sei vor allem für die Terminkoordination zuständig. Auch schon zu Oppositionszeiten sei Westerwelles wichtigstes Büro nicht das in der Parteizentrale sondern das des FDP-Fraktionschefs gewesen. (abendblatt.de)