Westerwelles Büroleiter Helmut Metzner informierte die USA über die Koalitionsverhandlungen. Das zeigen die Wikileaks-Dokumente.

Köln/Berlin. Der Maulwurf in der FDP ist enttarnt: Nach hausinternen Befragungen der Mitarbeiter hat die Partei den Informanten in ihren eigenen Reihen ausfindig gemacht. Demnach soll der bisherige Büroleiter von Parteichef Guido Westerwelle in der FDP-Bundesgeschäftsstelle, Helmut Metzner, die amerikanischen Botschaft mit Dokumenten aus den Koalitionsverhandlungen versorgt haben.

Der 42-Jährige wurde inzwischen von seinen Aufgaben entbunden. Entsprechende Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ wurden in Parteikreisen bestätigt.

Der Fall war durch die Enthüllungen der Internet-Plattform Wikileaks bekannt worden. Demnach wurde der US-Botschafter in Deutschland, Philip Murphy, im Herbst 2009 von einem „jungen, aufstrebenden Parteigänger“ der FDP mit Informationen über die Koalitionsverhandlungen versorgt. FDP-Sprecher Wulf Oehme bestätigte, dass sich ein Mitarbeiter der Bundesgeschäftsstelle „offenbart“ habe. Zum Namen und zur heutigen Funktion des FDP-Mitarbeiters äußerte er sich nicht. Der Informant habe gerne auch aus seinen persönlichen Gesprächsnotizen vorgelesen.

Vertrauliche Dokumente seien nicht übergeben oder zur Einsicht gewährt worden. „Für ein rechtlich angreifbares Verhalten gibt es keinerlei Anhaltspunkte“, hob Oehme hervor.

Während der Koalitionsverhandlungen sei Metzner in der FDP-Zentrale für „internationale Kontakte“ zuständig gewesen. Nach „FAZ“-Informationen war er damals Leiter der Abteilung „Strategie und Kampagne“.

Unterdesen wurde bekannt, dass die Mehrheit der Deutschen der Enthüllungsplattform Wikileaks ablehnend gegenüber. In einer Umfrage für den aktuellen ARD-Deutschlandtrend finden es nur 31 Prozent der Befragten richtig, dass Wikileaks vertrauliche Berichte und Einschätzungen von US-Diplomaten über Krisenherde und Politiker aus aller Welt veröffentlicht hat. Zwei Drittel (65 Prozent) sind hingegen der Ansicht, dass solche Dokumente weiterhin vertraulich beziehungsweise geheim bleiben sollten.

Eine Mehrheit von 53 Prozent findet es grundsätzlich nicht gut, dass es eine solche Plattform gibt, „auf der vertrauliche politische und militärische Dokumente anonym veröffentlicht werden, die der Öffentlichkeit sonst nicht zugänglich sind“.

Für die Umfrage im Auftrag der ARD-„Tagesthemen“ hat das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap von Montag bis Dienstag dieser Woche 1004 Wahlberechtigte bundesweit telefonisch befragt.

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Haftbefehl bleibt bestehen - für Assange wird es eng

Nach der weltweit ausgeschriebenen Fahndung wird es für den abgetauchten Gründer des Enthüllungsportals Wikileaks, Julian Assange, immer enger. Schwedens Oberster Gerichtshof bestätigte am Donnerstag den Haftbefehl gegen den Internet-Aktivisten, der sich nach Medienberichten in England aufhält. Das US-Internetunternehmen Amazon entschied unterdessen, Wikileaks von seinen Servern zu werfen.

Assange wird wegen in Schweden erhobener Vergewaltigungsvorwürfe international gesucht. Der Internet-Aktivist bestreitet die Vorwürfe und hatte Einspruch gegen den Haftbefehl eingelegt. Wo sich Assange aufhält, ist derzeit nicht bekannt. Britische Medien berichteten, der Aktivist sei in England. Assanges Anwalt, Mark Stephens, wollte das nicht bestätigen. Er räumte aber ein, dass die Behörden über den Aufenthaltsort Assanges Bescheid wüssten. „Scotland Yard weiß, wo er ist, und die Sicherheitsdienste einer Reihe anderer Länder wissen, wo er ist“, sagte Stephens AFP.

Laut der britischen „Times“ konnte die Polizei Assange in Südostengland wegen eines fehlerhaften schwedischen Haftbefehls zunächst nicht festnehmen. Die schwedische Polizei teilte daraufhin mit, sie werde einen neuen Haftbefehl gegen Assange ausstellen. „Wir müssen den Haftbefehl aktualisieren“, sagte Tommy Kangasvieri von der schwedischen Kriminalpolizei AFP. Assanges Anwalt in Schweden, Björn Hurtig, sagte, er werde eine Auslieferung seines Mandanten auf jeden Fall anfechten.

Der Wikileaks-Gründer wurde seit Beginn der Veröffentlichung von 250.000 Dokumenten des US-Außenministeriums am Sonntag nicht öffentlich gesehen. Nach Ansicht eines Wikileaks-Sprechers muss Assange um sein Leben fürchten. Nach Drohungen von Regierungen und Kommentatoren werde der 39-jährige Australier sich deshalb weiter verstecken. Auch Assanges Mutter, Christine Assange, zeigte sich besorgt. Der australischen Zeitung „Courir Mail“ sagte sie, die Kräfte, die ihr Sohn herausfordere, seien „zu groß“ geworden.

Unterdessen hat das Internetunternehmen Amazon Konsequenzen aus den bristanten Veröffentlichungen gezogen. Amazon stelle Wikileaks seine Server für seine Website nicht mehr zur Verfügung, teilte das Enthüllungsportal in einer Botschaft auf dem Kurzmitteilungsdienst Twitter mit. Zahlreiche Politiker in den USA begrüßten das. Der republikanische Abgeordnete Peter King bedauerte, dass Amazon Monate gebraucht habe, um diesen Schritt zu tun. Er hätte sich gewünscht, dass der Internet-Konzern das schon gemacht hätte, als Wikileaks im Juli mit den Veröffentlichung zum Irak-Krieg „erstmals Leben von Soldaten in Gefahr gebracht hat“, sagte er.

Die umstrittenen Wikileaks-Enthüllungen waren nach Angaben eines UN-Sprechers auch Thema eines Gesprächs zwischen US-Außenministerin Hillary Clinton und UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon beim OSZE-Gipfel in Kasachstan. Den veröffentlichen Dokumenten zufolge haben die USA ihre Diplomaten angewiesen, die UNO auszuspähen und über Ban persönlich Informationen zu sammeln. Details zum Inhalt des Gesprächs zwischen Ban und Clinton nannte der Sprecher nicht.

Die jüngsten Wikileaks-Veröffentlichungen rücken derweil unter anderen Russland in ein schlechtes Licht. Der britische „Guardian“ zitierte aus einer US-Depesche, in der der spanische Staatsanwalt José Gonzalez Russland als einen „Mafiastaat“ bezeichnet, dessen Politiker „Hand in Hand“ mit der organisierten Kriminalität kooperierten.