Streit mit dem Senat - Bezirke fordern: Die CDU/GAL-Regierung soll selbst sagen, welche Leistungen die Stadt nicht mehr anbieten will.

Während der Vorstoß von Finanzsenator Carsten Frigge (CDU), die Landesregierung mittelfristig von neun auf fünf Senatoren zu verkleinern, noch für Stirnrunzeln rund ums Rathaus sorgt, gibt es beim Thema Sparen den nächsten Konflikt. Die sieben Bezirksamtsleiter haben Bürgermeister Ole von Beust (CDU) bei einem Treffen erklärt, dass sie keine weiteren Sparvorschläge erbringen werden. "Der Senat muss selber sagen, welche Aufgaben die Bezirke nicht mehr wahrnehmen sollen", sagte Mitte-Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) dem Abendblatt. Wenn die Vorgabe da sei, könne man das Personal anpassen. Jürgen Warmke-Rose (parteilos), Bezirksamtsleiter im schwarz-grünen Altona, bestätigt: "Wir haben uns gemeinsam geweigert, selbst Vorschläge zu machen."

Hintergrund: Hamburg muss seine laufenden Kosten um 510 Millionen Euro pro Jahr reduzieren. Das soll in mehreren Schritten erreicht werden, einer ist die Kürzung des Weihnachtsgelds für Beamte um 100 Millionen Euro pro Jahr. Ein weiterer sind Einsparungen in den Behörden in Höhe von 260 Millionen Euro, wovon 11,6 Millionen auf die Bezirke entfallen sollen. Beust und Frigge wollen aber auch völlig neu definieren, welche städtischen Leistungen dem Bürger überhaupt noch angeboten werden sollen. Eine Kommission unter Frigges Führung will bis Ende August Vorschläge für eine um 100 Millionen Euro günstigere Verwaltung vorlegen - davon dürfte auch ein großer Teil auf die Bezirke entfallen. Die Bezirksamtsleiter rechnen daher damit, dass sie insgesamt rund 50 Millionen Euro zum Sparpaket beitragen müssen.

Die sieben Verwaltungschefs sind auch deshalb verärgert, weil einige ihrer eigenen Sparvorschläge vom Herbst nicht umgesetzt wurden - zum Beispiel die Abschaffung der bezirklichen Umweltberatungsstellen. Das soll Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL) abgelehnt haben. Und Warmke-Roses Vorschlag, das Kundenzentrum Blankenese zu schließen, war von der eigenen Bezirksversammlung abgeschmettert worden. Damals ging es noch um das alte Sparpaket, mit dem bis 2014 in den Bezirken insgesamt rund 65 Millionen Euro eingespart werden sollten. Dass jetzt rund 50 Millionen dazukommen könnten, "tangiert die Grundfesten der Bezirksverwaltung", sagt Warmke-Rose.

Am Beispiel Friedhofsverwaltung, über deren Zentralisierung Ole von Beust laut nachgedacht hatte, lassen sich Vor- und Nachteile von Sparmaßnahmen gut durchbuchstabieren. Derzeit gibt es eine städtische Verwaltung, die für die Friedhöfe Öjendorf und Ohlsdorf zuständig ist, und Abteilungen in den Bezirksämtern, die sich um die 13 bezirklichen Friedhöfe kümmern. "Das sind bei uns eine Handvoll Mitarbeiter", sagt Warmke-Rose. Theoretisch ließe sich der Altonaer Friedhof auch von Ohlsdorf aus verwalten. "Aber man verlöre Bürgernähe", sagt der Bezirksamtsleiter. Wer zum Beispiel wissen wolle, welche Grabstelle in Altona frei sei, erfahre dies dann eben nur noch in Ohlsdorf. Warmke-Rose wünscht sich daher eine "einheitliche Eingriffsebene" für Sparmaßnahmen. "Nahezu jede Einsparung auf Bezirksebene ist für den Bürger unmittelbar spürbar", sagt er. "Aber ob unser vier Millionen Euro teurer Zug der Ideen im nächsten Jahr, wenn Hamburg Umwelthauptstadt ist, durch Europa fährt oder nicht, das spürt der Bürger nicht."

Auch bei einem weiteren Vorschlag des Senats ist das Sparpotenzial nicht klar erkennbar. Finanzsenator Frigge hatte gesagt, für Trauungen könnte es nur noch einen Stempel vom Standesamt geben, alles weitere könne doch in Rechnung gestellt werden. Doch die Realität ist schon viel weiter. Für eine Standard-Eheschließung werden 52 Euro Gebühren fällig, Extrawünsche kosten mehr. So nimmt das Standesamt Harburg für eine Trauung außerhalb der Öffnungszeiten 100 Euro extra, sogar 250 Euro sind es für einen Außeneinsatz des Standesbeamten.

Unterdessen erhält Frigge für seinen Vorstoß, den Senat zu verkleinern, Unterstützung. "Ein Senator hat die Zeichen der Zeit erkannt", sagt FDP-Landeschef Rolf Salo. "Frigge hat sich als harter Sanierer positioniert. Aber er genießt auf Kosten seiner Senatorenkollegen den Beifall eines politikverdrossenen Publikums, das sich von der Bürgerschaft und dem Senat abgewendet hat." Auch Horst Weidemann, Landeschef der Gewerkschaft Komba, kritisiert den Politikapparat: "So viele Staatsräte oder große Präsidialstäbe wie nie zuvor, in den Bezirken statt 287 aktuell 361 Abgeordnete, zusätzliche Unterausschüsse, höhere Fraktionszuschüsse sowie Aufwandspauschalen und Fahrtkostenzuschüsse, 'Weihnachtsgeschenke' wie ein Notebook für 1200 Euro sind nur einige Beispiele." Richtig sei der Weg, die Aufgaben der Verwaltung neu zu definieren, sagt Weidemann, dann könne der öffentliche Dienst "einen nennenswerten Beitrag für die Staatssolidität leisten".