Der Finanzsenator macht ungewöhnliche Sparvorschläge und genießt seine Rolle als Quereinsteiger - Eine Analyse von Andreas Dey

Der Mann wollte etwas loswerden, und die Stadt sollte es mitbekommen. Daran ließ Carsten Frigge von Anfang an keinen Zweifel. Bevor er im feinen Übersee-Club über "Staatsfinanzen in schwerer See" referierte, legte der Finanzsenator sein Manuskript beiseite und betonte, dass jetzt seine Meinung folge, die nicht mit der des Senats, der schwarz-grünen Koalition oder mit seiner Partei, der CDU, übereinstimmen müsse. Und das "Herumgedruckse" um die dramatische Haushaltslage "habe ich auch satt", so Frigge - ungewöhnliche Worte eines Senators als Ouvertüre für eine ungewöhnliche Rede.

Denn nachdem die Stadt seit der eher vagen Regierungserklärung von Bürgermeister Ole von Beust (CDU) rätselt, wo und wie noch 510 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden können - außer beim Weihnachtsgeld der Beamten -, machte Frigge überraschend reihenweise Vorschläge. Die sieben Bezirksämter könnten doch ihre sieben Rechtsdezernate zu einem zentralen zusammenlegen, auch brauche die Stadt keine sieben Bauverwaltungen. Frigge: "Das könnte man locker zentralisieren." Warum werden zwei Drittel einer Eintrittskarte für die Oper eigentlich aus der Stadtkasse bezahlt? Warum ein Drittel einer Ohnsorg-Karte? Warum bezahlt die Stadt das Polizeiaufgebot bei Spielen des HSV und des FC St. Pauli? Können die 250 mehr oder weniger städtischen Firmen 50 Millionen Euro im Jahr einsparen? "Natürlich ist das möglich", so der gelernte Unternehmensberater Frigge. "Sonst müssen wir mit den Managern noch mal über Zielvereinbarungen sprechen." Das ist ein anderes Wort für Bonus.

Seit seinem Amtsantritt am 1. April kokettiert der 46-Jährige mit seiner Rolle als Seiteneinsteiger - gipfelnd in der Überlegung im Übersee-Club, den Senat von neun auf fünf Senatoren zu verkleinern. Fast schon provozierend verwies er in der Frage, wie die Behörden ihre Ausgaben reduzieren können, unter anderem auf die großen Pressestäbe einiger Senatskollegen und stellte süffisant fest: "Ich komme mit einem Sprecher gut klar." Auch vergangene Sparbemühungen bekamen ihr Fett weg, zum Beispiel das Statistikamt Nord. Frigge: "Bis 2004 hatten wir zwei Ämter mit zwei Sitzen in Hamburg und Kiel und 450 bis 500 Mitarbeitern. Seit 2004 haben wir ein Amt mit zwei Sitzen und 450 bis 500 Mitarbeitern." Das sei nicht seine Vorstellung von einer Fusion, stellte der Senator klar und forderte, die "Frage des Nordstaats" zu klären. Dass Deutschland sich noch 16 Bundesländer leiste, sei ein "Anachronismus".

Erkennbar ist Frigges Ziel, trotz seiner ungewöhnlichen Karriere den klassischen Finanzsenator zu geben, der relativ unabhängig von Parteipolitik die Hand auf die Stadtkasse hält. Klar ist auch, dass er die Unterstützung des Bürgermeisters genießt. Ob von den friggeschen Testballons einer bis zum Senatsbeschluss aufsteigt, ist offen. Aber die Diskussion ist eröffnet - und in die vom ihm geleitete Frigge-Kommission werden die Ideen des Finanzsenators mit Sicherheit einfließen. Sie soll bis September Vorschläge erarbeiten, wie die Verwaltung effizienter und damit pro Jahr um 100 Millionen Euro günstiger werden kann. Dass sich die Gruppe, zu der Politprofis wie die Senatoren Dietrich Wersich (CDU/Soziales) und Anja Hajduk (GAL/Umwelt) sowie die Fraktionschefs Frank Schira (CDU) und Jens Kerstan (GAL) zählen, auf ungewöhnliche Debatten gefasst machen kann, erwartet auch Übersee-Club-Präsident Peter von Förster: "Sie sind ein sehr politischer Mensch", sagte er zum Finanzsenator nach dessen Rede, "aber noch lange kein Politiker." Frigge nahm es als Kompliment.