Sollten sich die Händler nicht zu Neuerungen durchringen können, dürfte es mit dem Sand und den umliegenden Geschäften bergab gehen.

Harburg. Nur noch wenige Monate, dann ist Feierabend für das Süßwarengeschäft Arko am Sand. Am 24. Dezember schließt das Geschäft für immer seine Pforten.

Für viele Harburger gehört der Pralinenladen zum Sand wie der Wochenmarkt und das seit 1953 - so lange schon ist das Geschäft hier ansässig. "Wir würden gerne bleiben, aber der Umsatz stimmt einfach nicht mehr", sagt Mitarbeiterin Kristin Niemann. Dafür gebe es viele Gründe. "Das Angebot des Wochenmarktes ist nicht attraktiv genug. Da fehlt die Vielfalt, das besondere, die Aufenthaltsqualität", sagt sie. Außerdem hat sich nachmittags, fast unmittelbar vor dem Geschäft ein Treffpunkt für Alkoholiker etabliert. "Das schreckt die Kunden ab, ich musste schon ein paar Mal die Polizei rufen, damit die Beamten diese Leute zur Ruhe bringen." Niemann versteht nicht, "weshalb hier nichts unternommen wird, um diesen an sich schönen Platz schöner zu gestalten. Das ist doch geschäftsschädigend", sagt sie.

Worüber sich die Arko-Angestellte beklagt, ist nichts Neues für den Stadtteil: Tristesse auf Straßen und Plätzen, veraltete Bausubstanz, Vermüllung: All das und auch die eher konservative Haltung vieler Marktbeschicker wird schon im Marktgutachten der Hafencityuniversität angeführt. Dort wird, wie berichtet, unter anderem gefordert, dass die Verkäufer kleine warme Snacks und Kaffeespezialitäten ins Sortiment nehmen, um auch Studenten und junge Harburger anzulocken. Sollten die Händler sich nicht zu Neuerungen durchringen können, werde es mit dem Sand und den umliegenden Geschäften bergab gehen, heißt es sinngemäß in dem Papier. "Da ist was dran", sagt Kristin Niemann.

Kurioserweise werden diese Erkenntnisse vom Verkaufskonzept des Genussladens am Sand bestätigt. Dort laufen Produkte aus der Region wie aromatische Honig- und Senfsorten, Pastasaucen und Liköre sowie Säften gut. "Wir sind zufrieden", sagt Anne Sohl. Sie wünscht sich allerdings, dass "die Verwaltung mehr dafür tun sollte, den Platz ansprechend zu gestalten. Mehr Parkatmosphäre mit tollen Grünflächen und Bäumen würde das Areal aufwerten." Außerdem müsse Polizei und Verwaltung etwas gegen die Randständigen unternehmen. "Wenn die hier herumgrölen, hält das einige Passanten schon davon ab, zu uns zu kommen." Und der Markt? "So ein Stand, der frische Nudeln anbietet, der fehlt hier", mischt sich eine Kundin ein. "Ja, das ist es, die Grundversorgung ist da, aber Besonderheiten, wie sie Märkte in anderen Stadtteilen bieten, sucht man hier vergebens", sagt Sohl.

Die Arbeitskolleginnen Anke Jentsch, Martina Schoon und Cornelia Erb stimmen zu. "Wir treffen uns hier oft zum Kaffeetrinken. Es ist eigentlich ganz schön, aber es könnten noch mehr Tische und Stühle auf dem Bürgersteig und auf dem Marktplatz stehen. Nachmittags ist das hier ja leider nur ein großer Parkplatz", sagen sie.

"Es ist eine Katastrophe", sagen Kioskbesitzer Ali und Farsi Kashgar. "Politik und Verwaltung sollten sich stärker für Harburg engagieren, sonst ziehen alle jungen Leute weg, und wir haben hier bald keine Kunden mehr."

Doch Innovationen für den Sand stecken immer noch in der Planungsphase. "Es gibt Bestrebungen, dass die Marktbeschicker ihre Stände neu gruppieren. Dafür müssen die sich aber erst einmal einig sein", sagt Baudezernent Jörg Heinrich Penner. Weiterhin gebe es die Überlegung, den Bereich am "Bolero" aufzuhübschen. "Beim ehemaligen Blumenmarkt könnte eine kleine Markthalle entstehen", so Penner.

Und wie im Masterplan vorgeschlagen, könne ein Teil des Gebäudes abgerissen werden, sodass in dem unteren Bereich ein "Foodcort", ein Platz für Lebensmittelanbieter, gestaltet werden kann. Ob allerdings die Grundeigentümer da mitmachen und woher das Geld für die Halle kommen soll, ist unklar. "Warten wir es mal ab", sagt Penner. Er ist optimistisch. - die Politik nicht. "Die bestehenden Probleme mit dem Sand hat die Verwaltung zu verantworten", sagt CDU-Kreischef Ralf Dieter Fischer. So sollten sich die Beamten mit Gebühren zurückhalten, wenn Cafébetreiber Gestühl für ihre Gäste nach draußen stellen. "Das wird hier in Harburg sehr strikt gehandhabt und ist für die Geschäftsleute nicht billig", so Fischer. Er sieht die Gefahr, dass bestehende Pläne im Sand stecken bleiben. "Bürokratie ist halt eine langatmige Sache", sagt er. Außerdem wirft er den Marktbeschickern Schlafmützigkeit vor. "Teilweise sieht es da aus wie auf einem Flohmarkt." Es sei ein Teufelskreis. "Das Angebot ist nicht da, die Leute gehen deshalb woanders einkaufen, darunter leiden die umliegenden Geschäftsleute."

Jürgen Heimath, Chef der SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung, gibt zu: "Man hätte sich in den vergangenen Jahren stärker für den Sand engagieren müssen." Und Genussladen-Chefin Sohl fordert: "Harburg muss einfach gemütlicher werden."