Gurken, Sprossen und die Auswirkungen der EHEC-Krise - ein Überblick über neueste Entwicklungen und Antworten auf wichtigste Fragen.

Hamburg. Waren es doch die Gurken? Die verzweifelte Suche nach dem Ursprung des EHEC-Erregers verunsichert die Verbraucher. Bislang haben die Keim-Fahnder noch nicht nachgewiesen, woher die aggressiven Keime kamen. Zwei Spuren gibt es - wohin sie führen, ist ungewiss.

Wie gerieten die Gurken plötzlich wieder ins Visier der Fahnder?

Eine Magdeburger Familie war an EHEC erkrankt. Der Vater, 50, war leicht erkrankt, die Mutter, 50, wurde in einem Krankenhaus behandelt und ist inzwischen wieder entlassen. Die 22-jährige Tochter entwickelte als Einzige das HU-Syndrom. Als die Mutter Ende Mai aus der Klinik kam, nahmen Kontrolleure das Wohnumfeld unter die Lupe. Dabei erinnerte sich der Vater an Gurkenreste in der Biotonne.

Was haben die Ermittler gefunden?

Auf dem Gurkenrest wiesen sie den aggressiven O104-Stamm nach, der für die Erkrankungen verantwortlich ist. Es ist der erste Nachweis dieses Stamms auf einem Lebensmittel. Die Behörden überprüften daraufhin die verschiedenen Supermärkte, in denen die Familie vor der Erkrankung eingekauft hatte. Sie fanden keine EHEC-Spuren.

Ist klar, dass die Menschen durch die Gurke krank geworden sind?

Nein. Die Magdeburger Familie könnte auch schon krank gewesen sein und den Keim auf die Gurke übertragen haben. Deshalb sind Experten so zurückhaltend.

Was passiert jetzt mit der Gurke?

Alle Untersuchungsergebnisse sind zum Bundesinstitut für Risikobewertung übermittelt worden. Hier werden weitere Tests in der sogenannten "Feintypisierung" durchgeführt. So hofft man herauszufinden, ob es eine hundertprozentige Übereinstimmung des Erregertyps mit dem Fund gibt.

Was ist mit den Sprossen vom Gärtnerhof Bienenbüttel?

Bislang haben die Behörden keine EHEC-Keime auf den Sprossen nachweisen können. Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann ist trotzdem davon überzeugt, dass der Biohof eine Quelle der Infektion ist.

Warum sind die Behörden so überzeugt vom Sprossen-Verdacht?

Weil viele Indizien dafür sprechen: Gestern wurde bekannt, dass nicht zwei, sondern drei Mitarbeiterinnen schon Anfang Mai an Durchfall erkrankt waren. Bei einer dieser Mitarbeiterinnen wurde EHEC festgestellt. Es kann sein, dass eine der Frauen den Erreger in den Ablauf des Betriebes eingespeist hat. Es kann aber auch sein, dass sich die Frauen erst im Betrieb mit dem Erreger infiziert haben. Darüber hinaus haben sich zahlreiche Menschen, die Sprossen aus Bienenbüttel in Kantinen oder Restaurants gegessen haben, mit EHEC infiziert.

Wie werden die Erreger übertragen?

Die Erreger kommen im Kot von Nutztieren wie Rindern, Schafen und Ziegen vor. Im Kontakt mit diesen Tieren, aber auch beim Verzehr verseuchter Lebensmittel, können die Bakterien übertragen werden.

Die Übertragung von Mensch zu Mensch erfolgt direkt über Berührungen oder indirekt über den Kontakt mit verseuchten Flächen, etwa Türklinken. Die Ansteckungsgefahr gilt als minimal, wenn man sich nach dem Kontakt mit anderen Menschen oder mit Türklingen nicht mit den Fingern an den Mund geht und sich gründlich die Hände wäscht.

Wie viele Erkrankte gibt es?

Dem Robert-Koch-Institut sind 2648 EHEC-Fälle gemeldet. Von diesen Menschen erkrankten 689 an HUS. In Hamburg waren bis gestern Abend 929 EHEC-Fälle registriert, davon 161 HUS-Fälle. Die Welle der Neuerkrankungen in Hamburg ebbt weiter ab. Von Dienstag auf Mittwoch wurden 30 neue Infektionen gemeldet. Bis gestern Abend waren 26 Menschen in Deutschland an EHEC gestorben. Für die Behandlung der schwer kranken HUS-Patienten wird sehr viel Blutplasma benötigt - die Krankenhäuser rufen daher zu Blutspenden auf.

Was ist mit den Landwirten?

Die EU-Kommission will Gemüsebauern deutlich besser entschädigen als bisher geplant. Für Umsatzeinbußen sollen die europäischen Landwirte 210 Millionen Euro statt der bisher geplanten 150 Millionen Euro erhalten. Nach welchem Schlüssel das Geld verteilt werden soll, ist noch unklar. Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) will prüfen, ob über die EU-Leistungen hinaus zusätzliche Gelder nötig seien.

Bleibt es bei der Lebensmittelwarnung?

Ja, alle Behörden warnen weiterhin vor dem Verzehr von Gurken, Salaten, rohen Tomaten und rohen Sprossen.