Caroline Eberle ist schwanger. Sie erkrankte am lebensgefährlichen HUS und kämpfte mit dem Tod. Jetzt wird sie aus der Klinik entlassen.

Eppendorf. Das Jahr 2011 hatte Caroline Eberle aus St. Georg exakt durchgeplant. Am 1. August wollte die Wirtschaftspsychologie-Studentin ihre Masterarbeit über Arbeitgeber-Attraktivität einreichen. Am 2. September will die 24-Jährige ihren Verlobten heiraten. Eine neue Wohnung für Caroline Eberle und ihren Verlobten muss auch noch her. Im November erwarten die beiden ihr erstes Kind.

Doch dann kam EHEC. Die Masterarbeit abgeben? "Das ist jetzt nicht mehr möglich", sagt Caroline Eberle. Drei Wochen Zeit hat EHEC ihr schon genommen. Bis sie wieder arbeiten kann, werden noch weitere Wochen vergehen.

Dass sie im September heiraten wird und dass es ihrem Kind gut geht, ist nicht selbstverständlich. Caroline Eberle ist nicht nur EHEC-Patientin. Sie hat auch das Hämolytisch-Urämische Syndrom (HUS), das häufig bei einer Infektion mit EHEC-Darmbakterien auftritt. Es kann zu Blutarmut und Nierenversagen führen - und im schlimmsten Fall tödlich enden.

Nach drei Wochen hat Caroline Eberle die Krankheit überwunden. Die Ärzte wollen sie entweder heute oder morgen entlassen, sagt sie.

Wenn man Caroline Eberle treffen will, muss man in die Station 5b des Universitätskrankenhauses Eppendorf gehen. Vor der Tür mit der Aufschrift "Isolierbereich" patrouilliert ein Wachmann. Jeder, der hinein will, muss einen blauen Schutzanzug und Plastikhandschuhe tragen. Auch Eberle trägt einen solchen Anzug. Ihre Schritte über den Stationsflur sind noch verhalten, aber immerhin kann sie sich von ihrem Krankenbett erheben. Wenn sie erzählt, dann wirkt sie sehr gefasst. Je länger das Gespräch dauert, desto mehr wird aber klar, was für eine schwere Krankheit sie hat. Eberle kann eine halbe Stunde reden, dann muss sie sich ausruhen. Sie fühlt sich schwach, sagt sie. Aber: "Es geht mir schon wieder viel besser."

Am 25. Mai ist Caroline Eberle ins Universitätsklinikum Eppendorf eingeliefert worden. Vorher hatte sie eine Woche unter Durchfall gelitten. Ihr Hausarzt hatte eine Entzündung der Magenschleimhaut diagnostiziert. "Ich hatte große Schmerzen im Bauch und Durchfall", sagt sie. Und es wurde nicht besser. Dann erfuhr sie, dass eine Arbeitskollegin in ihrem Studenten-Job an EHEC erkrankt war. Sie ging erneut zum Arzt, der nahm Blut ab, sah die schlechten Blutwerte - und schickte sie sofort ins UKE. "Meine Eltern und mein Verlobter waren total geschockt. Ich war einfach nur froh, dass ich irgendwo hingehen konnte, wo man mir hilft", sagt sie.

Eberle kam auf die Intensivstation. Ihre Nierenfunktion musste per Dialyse gerettet werden. Sie musste fremdes Blutplasma bekommen, "Plasmapherese" heißt der Vorgang, das Wort hat Caroline Eberle in Eppendorf gelernt.

Das Wort "Tod" möchte sie heute noch nicht aussprechen, es ist ihr zu krass. Sie nennt ihn "den schwarzen Reiter", er war ganz nahe, sagt sie und schaut einen Moment aus dem Krankenhausfenster. Ihre Blutwerte waren schlecht, sehr schlecht.

Dann wird ihr Blick wieder fester. "Ich habe immer den inneren Kampfgeist gehabt, dass ich es schaffe. Ich kämpfe ja nicht nur für mich, sondern auch für mein Baby", sagt sie.

Fünf oder sechs Tage lag sie auf der Intensivstation. Sie habe viel geschlafen, vor sich hingedämmert. Die schlimmen Schmerzen im Bauch waren immer noch da. Ihre Eltern kamen aus Köln, ihr Verlobter saß an ihrem Bett. Dann kam sie auf ihr Zimmer, Station 5b, Patientenzimmer 8.

Sie sagt, dass sie auf Station viel Zeit zum Nachdenken hatte. "Woher habe ich mir das geholt? Ich habe immer wieder überlegt." Caroline Eberle wollte sich gesund ernähren, vor allem seit sie wusste, dass sie schwanger ist. "Ich habe immer nur im Bio-Laden eingekauft." Von Mitpatienten erfuhr sie, dass Gurken, Tomaten, Salat und schließlich Sprossen die Überträger sein sollten. Klar, all das hat sie vor ihrer Erkrankung gegessen.

"Ich bin total verunsichert, was ich essen soll, wenn ich entlassen werde. Aber von Salat lasse ich auf jeden Fall die Finger", sagt sie.

Auf ihrem Krankenzimmer hat sie einen Fernseher. Wenn Berichte über EHEC gesendet werden, schaltet sie immer weg. "Wegen der Spekulationen", sagt sie. Dass es immer noch keine Klarheit über den Ursprung des Erregers gibt, beunruhigt sie.

Sie fühlt sich noch schwach, sagt sie. Zum Glück hat sie nicht die besonders schweren Auswirkungen des HUS bekommen - wie Lähmungen oder Hirnschäden. "Ich habe einfach Glück gehabt. Und meinem Kind geht es gut", sagt sie. Das sei die Hauptsache.

Was bleibt? "Ich war überrascht, wie viele Menschen sich bei mir gemeldet haben. Und ich war auch überrascht darüber, welche Menschen sich nicht gemeldet haben." EHEC stärkt Beziehungen und schwächt andere.

Ihre Nieren arbeiten wieder, ihr Blutbild ist einigermaßen in Ordnung, sie kann wieder essen. Ihr Arzt wird ihr einen Zettel mit Hygiene-Maßnahmen für die nächste Zeit geben, mehrmals in der Woche muss sie ins UKE zur Nachsorge. Bis sie ganz gesund ist, werden aber noch Wochen vergehen.

Caroline Eberle sagt, dass sie sich auf ihr Baby freut. Und auf die Hochzeit. Die Masterarbeit muss eben ein Semester warten.