Bewegende Trauerfeier für das bei einem Autounfall verstorbene Ehepaar Sibylle und Dietmar Mues. Die Söhne trugen die Urne zum Grab.

Hamburg. Alle Stühle der Kapelle 13 auf dem Friedhof Ohlsdorf sind besetzt. Viele Trauernde müssen stehen. Einige verfolgen die Zeremonie sogar vom Seiteneingang aus. Mehr als 400 Menschen sind am Sonnabendvormittag zur Beerdigung des Ehepaares Dietmar und Sibylle Mues gekommen. Drei Wochen zuvor kam es bei einem tragischen Unfall in Eppendorf ums Leben.

Ein Fiat Punto war in eine an einer Fußgängerampel wartende Menschenmenge hineingeschleudert. Im Blut des Unfallverursachers Alexander S. wurden später Spuren des Epilepsie-Medikaments Valproat und der Cannabis-Wirkstoff THC gefunden. Bei dem Unfall starben auch der Sozialwissenschaftler Günter Amendt sowie eine weitere Passantin. Hamburg - besonders der Stadtteil Eppendorf - ist tief getroffen. Immer wieder wird über eine Verbesserung der Verkehrssituation am Unglücksort und das Verhalten des Unfallfahrers diskutiert.

Während der Trauerfeier rückt all das in den Hintergrund. Es ist der Tag des Abschiednehmens. Die Trauerfeier beginnt mit Klaviertönen, die ersten Tränen fließen. Briefe ehemaliger Schüler der Lehrerin Sibylle Mues werden verlesen, nach dem Tod des Paares verfasst: "Herr Mues, Ihre Vorlesestunden waren sehr interessant und haben mich zu einem offeneren Menschen gemacht", heißt es in einem. Der Schauspieler hatte sich für die Schüler seiner Frau engagiert, übte Theaterstücke mit ihnen ein und brachte ihnen Literatur näher. Ein weiterer Brief richtete sich an Sibylle Mues: "Sie hatten für alle Schüler ein Herz. Ich war sehr stolz auf Sie, denn so eine Lehrerin bekomme ich nie wieder." Trauriger Abschluss sind die Zeilen der Enkel. "Liebe Oma, lieber Opa, es ist schade, dass ihr gestorben seid. Ihr wart super."

Dann treten die Söhne des verstorbenen Paares - Wanja, Jona und Woody Mues - Hand in Hand ans Rednerpult. Woody Mues, der Jüngste, beginnt zu sprechen. Immer wieder legen ihm die Brüder bestärkend die Hand auf die Schulter. Der 20-Jährige erzählt von Abenden mit seinen Eltern, von endlosen Gesprächen über Literatur und das Leben. "Und jetzt?", fragt er. "Wie kann ich das wissen, wenn ich nicht mit euch darüber reden kann." Aber er fand auch tröstende Worte und verwies auf die Gemeinschaft der Brüder. "Wir drei sind da, und wir sind Mama und Papa."

Der zweitälteste Sohn, Jona Mues, 29, trägt das Gedicht "Danach" von Kurt Tucholsky vor. In Liebesfilmen werde nach dem Happy End immer abgeblendet, ohne die Schwierigkeiten einer langen Beziehung zu bedenken. Darauf nimmt der älteste Bruder, Wanja Mues, Bezug: "Wenn das kein Happy End ist, wenn ein Paar nach 40 Jahren Ehe, an einem schönen Frühlingstag, glücklich zusammen draußen unterwegs ist und dann abgeblendet wird." Außerdem erinnerte er an die "Tradition des Anklatschens" in der Familie. Immer wenn ein Stück sehr traurig oder schwer war, begannen die Mues nach dem Ende mit dem Klatschen - und rissen so alle mit. Nach diesen Worten setzte auch in der Kapelle spontaner Applaus ein. Auch als die drei Söhne die Urne zur nahe gelegenen Grabstätte trugen, klatschten die Anwesenden. Ein würdiger letzter Auftritt für das Ehepaar Mues. Auch am Sonntag, 10. April, gedenken im St.-Pauli-Theater am Spielbudenplatz 29-30 Weggefährten und enge Freunde des Paares.