In der Debatte um die Einsparung in der Hamburger Verwaltung haben Bezirksamtsleiter eigene Pläne, die dem Abendblatt vorliegen.

In der Debatte um Einsparungen in der Hamburger Verwaltung sind die sieben Bezirksamtsleiter auf ungewöhnliche Weise in die Offensive gegangen. Nachdem sie sich vergangene Woche geweigert hatten, weitere Vorschläge für Sparmaßnahmen in ihren Häusern zu machen, geben sie jetzt ihrerseits dem Senat Tipps, wo in den Fachbehörden gespart werden könne. Auf rund 250 Stellen und 27,5 Millionen Euro Minderausgaben pro Jahr summieren sich die Vorschläge in dem Papier, das dem Abendblatt vorliegt.

Darin schlagen die Bezirksamtsleiter dem Senat auch vor, dass die Bezirke Aufgaben der Behörden übernehmen könnten - und dabei mit 20 Prozent weniger Personal auskämen. Das etwas provokative Angebot begründen sie damit, dass es "in den Fachbehörden bisher nahezu keinen Personalabbau gegeben" habe, während die Bezirke "seit vielen Jahren" bluten müssten und jetzt "die absolute Talsohle erreicht ist".

Unter der Überschrift "Doppelarbeit abschaffen" schlagen die Bezirkschefs Einsparungen vor, ohne dass es für die Bürger Verschlechterungen gebe: Die Abteilung "Stadterneuerung" in der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) könnte aufgelöst werden (Einsparvolumen: 17 Mitarbeiter/1,19 Millionen Euro pro Jahr). Auch die Abteilung "Stadt- und Landschaftsplanung für die Bezirke" sei überflüssig (13 Mitarbeiter/910 000 Euro).

Das Amt für Bauordnung und Hochbau in der BSU könnte von den Zustimmungsverfahren im Rahmen der Baugenehmigungen entlastet werden (20 Mitarbeiter/1,4 Millionen). Im neuen "Baugenehmigungsreferat" für Baugenehmigungen in der HafenCity könnten sieben von 14 Stellen abgebaut werden (420 000 Euro). Unter dem Motto "Wasserköpfe abschlagen" regen die Bezirkschefs an, die "Leitstelle Integration und Zivilgesellschaft" der Sozialbehörde zu streichen (20 Mitarbeiter/1,4 Millionen). Überflüssig sei zudem die "Arbeitsstelle Vielfalt" in der Justizbehörde (16 Mitarbeiter/1,12 Millionen). Auch die Projektgruppe Schulreform in der Schulbehörde sei nicht notwendig (30 Mitarbeiter/2,1 Millionen).

Halbieren ließen sich nach Meinung der Bezirksamtsleiter die Präsidialabteilungen der Fachbehörden. Allein Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) leiste sich einen Stab mit 25 Mitarbeitern (Sparvolumen insgesamt: 100 Mitarbeiter/sieben Millionen Euro).

Zudem regen die Bezirksamtsleiter die Verlagerung von Aufgaben an, die sie mit 20 Prozent weniger Personal erledigen könnten: Wie in allen anderen Bundesländern könnte die "Untere Straßenverkehrsbehörde" von der Innenbehörde auf die Bezirke übertragen werden (Sparvolumen: 700 000 Euro). Teile des Amtes für Arbeitsschutz sollten aus der Sozialbehörde in die Zentren für Wirtschaft, Bauen und Umwelt der Bezirke verlagert werden, damit Firmen an einer Stelle alle Genehmigungen bekämen (240 000 Euro).

Anlass der Offensive war ein Treffen am Freitagmittag in der Finanzbehörde, an dem die sieben Bezirksamtsleiter und Bezirks-Staatsrat Manfred Jäger (CDU) teilnahmen. Dass ausgerechnet Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) fehlte, verwunderte die Teilnehmer. "Wir fanden das ärgerlich, dass er nicht mit uns redet", so Markus Schreiber (SPD), Bezirksamtsleiter in Mitte. "Er ist schließlich der zuständige Senator, und wir sind seine Amtsleiter."

Dafür wartete Frigge-Vize Jäger seinerseits mit einer Überraschung auf: Neben der "Frigge-Kommission", die die Verwaltung effizienter und so um 100 Millionen Euro pro Jahr günstiger machen soll, wird nun eine "Jäger-Kommission" eingerichtet: Ihr sollen außer dem Staatsrat unter anderem Jürgen Warmke-Rose (Bezirksamtsleiter Altona, parteilos), Wolfgang Kopitzsch (Bezirksamtsleiter Nord, SPD), Michael Osterburg (GAL-Fraktionsvorsitzender Mitte) und Dennis Gladiator (CDU-Fraktionschef Bergedorf) angehören. Beide Kommissionen sollen Ende August Ergebnisse vorlegen.

"Die Bezirksamtsleiter und ich sind uns darin einig, dass niemandem gedient ist, wenn die unbestritten notwendigen Konsolidierungsmaßnahmen nur im Gegeneinander getroffen werden", sagte Bezirksstaatsrat Jäger. "Deshalb bin ich froh, dass wir heute eine Vorgehensweise vereinbaren konnten, die alle Beteiligten an einem Tisch zusammenbringt."

Im Herbst hatte der Senat den Bezirken auferlegt, bis 2014 insgesamt 65 Millionen Euro einzusparen, in der Spitze sind das bis zu 18 Millionen pro Jahr. Allein neun Millionen sollen, wie das Abendblatt am Freitag berichtete, durch diverse Gebührenerhöhungen hereinkommen. Hinzu kommt jetzt aber eine weitere Sparauflage von mindestens 11,6 Millionen Euro pro Jahr. Der Aufforderung, selbst vorzuschlagen, wie das Geld eingespart oder durch höhere Gebühren eingetrieben werden kann, hatten sich die Bezirksamtsleiter glatt widersetzt. Da sie kaum Sachausgaben haben, könnten sie nur am Personal sparen, das sei aber nicht mehr möglich. Der Senat solle jetzt selbst sagen, welche Aufgaben die Bezirke nicht mehr wahrnehmen sollen. Mit ihrer Sommer-Offensive spielen die Bezirkschefs nun einen zweiten Ball ins Rathaus - der Senat ist am Zug.