Eine Tiermedizinische Fachangestellte riskiert, auch mal gezwickt zu werden. Der Umgang mit Patient und Halter bringt aber viel Abwechslung.

Einen Beruf, der etliche Risiken und Nebenwirkungen mit sich bringt, hat sich Vanessa Gütt ausgesucht: Sie wird Tiermedizinische Fachangestellte. "Es kann schon mal vorkommen, dass man von einer Katze gekratzt oder von einem Hund gezwickt wird. Größere Leguane können übrigens ganz schön zuschnappen, und Nager sind auch nicht ganz ohne", erzählt die 20-jährige Tierliebhaberin, die selbst zwei Pflegepferde und eine Katze hat. Sie lernt in der Kleintierpraxis Kotzian in Alsterdorf und ist jetzt in ihrem dritten und damit letzten Ausbildungsjahr. Tiermedizinische Fachangestellte sorgen dafür, dass in der Tierarztpraxis alles reibungslos läuft. Sie vereinbaren Termine mit den Tierhaltern, versorgen die Patienten, wenn sie in der Klinik bleiben müssen, und assistieren den Tierärzten bei der Behandlung oder bei Operationen. Darüber hinaus übernehmen Tiermedizinische Fachangestellte Laborarbeiten sowie mikroskopische Bearbeitungen und achten auf Hygiene und Ordnung in der Praxis.

Auch Schreibtischarbeit gehört zu ihren Aufgaben: Da müssen Rechnungen geschrieben werden, Zahlungseingänge kontrolliert oder Medikamente und Futtermittel bestellt werden. Die Beratung der Tierhalter kommt ebenfalls nicht zu kurz: Wenn Vanessa zum Beispiel den Eindruck hat, dass ein Hund nicht genug Bewegung bekommt und zu dick ist, dann versorgt sie den Besitzer mit entsprechenden Tipps und Verhaltensmaßnahmen. "In diesem Beruf sollte man absolut keine Angst vor Tieren haben, aber auch mit Menschen gut umgehen können. Die Halter müssen oft beruhigt oder getröstet werden, zum Beispiel, wenn ein Tier eingeschläfert werden muss. Der Tod gehört nämlich auch zu unserem Alltag."

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"Es ist in der Tat sehr wichtig, dass sich die Besitzer der Tiere in der Praxis prima aufgehoben fühlen. Wenn das der Fall ist, dann geht es meistens auch den Tieren gut. Die Fachangestellten sollten daher in der Lage sein, sich auf die Tierhalter einzustellen und ihre Nöte und Ängste zu verstehen. Nur tierlieb zu sein, reicht nicht aus, um sich in diesem Beruf verwirklichen zu können", unterstreicht die Tierärztin Dr. Anna van Bernem-Ahlenstorf. Im Übrigen, so die Ausbildungsbeauftragte der Tierärztekammer Hamburg weiter, biete der Beruf viele Möglichkeiten bieten, auch wenn er nicht immer so spektakulär sei, wie es in den vielen Tierarzt-Dokus im Fernsehen dargestellt wird.

Dass sie etwas mit Tieren und Medizin machen wollte, war Vanessa schon lange klar. Dass es allerdings so schwer sein würde, einen freien Ausbildungsplatz zu finden, hätte Vanessa, die einen Realschulabschluss hat, nicht erwartet. "Ich habe fast ein Jahr lang in ganz Deutschland nach einer freien Stelle gesucht. Ans Aufgeben habe ich nicht gedacht, und zum Glück hat mich meine Mutter in dieser schwierigen Zeit sehr unterstützt", berichtet die Auszubildende, die für ihre Ausbildung vor zwei Jahren den Harz verlassen hat und nach Hamburg gekommen ist.

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Seitdem ist die Zeit für sie wie im Flug vergangen. Und doch gerät sie noch immer wieder ins Schwärmen darüber, was sich mit medizinischer Unterstützung alles erreichen lässt und wie gut kranken Tieren heute geholfen werden kann. Im Umgang mit den Patienten hat sie ebenfalls so manche Erfahrung gemacht und mittlerweile gelernt, sie einzuschätzen. "Manche Tiere kommen freudig direkt auf uns zu, andere verstecken sich ängstlich. Da man nie weiß, wie die Tiere reagieren, sollte man sie immer mit dem nötigen Respekt und der gebotenen Vorsicht erst freundlich ansprechen und begrüßen. Dann zeigt sich meist schon, mit welchem Charakter man es zu tun hat."

Da häufig realitätsferne Vorstellungen vom Beruf der Tiermedizinischen Fachangestellten bestehen, empfiehlt Dr. Anna van Bernem-Ahlenstorf, vor Beginn der Ausbildung ein Praktikum zu absolvieren. Ungeeignet für den Beruf seien beispielsweise Kandidaten, die Allergien gegen Tierhaare haben, die sich vor Blut, Speichel und anderen "Körpersäften" ekeln oder aber mit dem Sterben der Tiere Probleme haben. "Darüber hinaus sollten Bewerber sich darüber im Klaren sein, dass der Beruf körperlich teilweise sehr anstrengend sein kann", sagt die Tierärztin.

Vanessa sieht das ebenso. "Wenn man pro Schicht mehr als 70 Patienten hat, wird man ganz schön gefordert", sagt sie. Nach der Ausbildung, die sie voraussichtlich um ein halbes Jahr verkürzen wird, zieht es Vanessa zurück in den Harz. Sie sei nun mal kein Stadtmensch und würde gern auch mit größeren Tieren arbeiten, sagt sie. Außerdem will Vanessa sich unbedingt noch weiterbilden. Besonders angetan haben es ihr die Homöopathie und die Physiotherapie, auch wenn diese Bereiche ebenfalls nicht ohne Risiken und Nebenwirkungen auskommen.