Abstraktionsvermögen gefordert: Steuerrecht kann zur Passion werden - und sogar nach der Ausbildung zum Studium neben dem Beruf führen.

"Diese Kombination ist unschlagbar", sagt Sinja Martens, und meint damit ihr Studium Steuerrecht an der FOM Hochschule in Hamburg , das sie neben ihrer praktischen Arbeit in einer Steuerkanzlei absolviert. Denn nach ihrer zweieinhalbjährigen Ausbildung zur Steuerfachangestellten wollte Sinja noch mehr lernen über Jahresabschlüsse, Beratung und die verschiedenen Steuerarten. Sinja hat viel zu tun - ihr Arbeitstag beginnt teilweise um 8 und endet um 22 Uhr. "Um das Pensum zu schaffen, sind vor allem eine gute Planung und Durchhaltevermögen notwendig", gibt die 26-Jährige zu.

Bis Sinja, die in Itzehoe ihr Abitur gemacht hat, jedoch ihr Herz für das Steuerrecht entdeckt hat, war es ein weiter Weg. Diesen nutzte die junge Frau für gründliche Recherchen. "Denn ich wusste zunächst nicht, was ich beruflich machen wollte", sagt Sinja, die als Jüngste von drei Geschwistern aufgewachsen ist. "Ich war nach der Schulzeit unsicher, jedoch für alles offen." Ihr fiel es schwer, sich auf einen Beruf festzulegen. Deshalb ging sie, die immer gute Noten in Deutsch und Sprachen hatte, nach dem Abitur 2005 für einige Zeit nach England, um die Sprache zu vervollkommnen und "Lebenserfahrung zu sammeln", wie Sinja sagt. Nach dem Aufenthalt informierte sie sich für kaufmännische Berufe, sah sich eine Modeschule genauer an, ebenso wie die Arbeit eines Physiotherapeuten, und besuchte die Messe Einstieg, um sich dort zu informieren. Schließlich entschied sich Sinja für eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten. Dabei mag eine Rolle gespielt haben, dass ihr die Materie nicht fremd war, denn Sinjas Vater ist Steuerberater. Nach ihrer Ausbildung wollte die ambitionierte junge Frau praktische Erfahrungen sammeln - und zwar im Ausland. Sie ging für sechs Monate zu einem Steuerberater nach Finnland. "Das war sehr interessant, weil dort das Steuerrecht ganz anders ist als in Deutschland. Ich kann jetzt viele steuerrechtliche Themen anders beurteilen", sagt Sinja. Bis sie jedoch den Kontakt für ihr Praxissemester hatte, musste Sinja aktiv werden und viele Telefonate führen. "Es war schwierig, aber es wird einem nichts geschenkt", lautet ihr Fazit. Begeisterung schwingt mit, wenn Sinja über ihre Arbeit spricht. "Ich gehe in meinem Beruf voll auf, aber ich erfahre auch viel Verwunderung und nur selten Bewunderung. Selbst meine Freunde waren über meine Berufswahl erstaunt und haben nicht geglaubt, dass ich das durchziehe."

+++Die Berater sind auf Erfolgskurs, und auch sie brauchen Fachkräfte+++

Zwar habe das Steuerrecht auch seine trockenen Seiten, gibt sie zu, es verlange jedoch Kreativität bei der Interpretation der Fälle. "Es ist toll, jungen Menschen zu helfen, die ein Unternehmen gründen möchten und dafür nach der geeigneten Rechtsform suchen", erklärt Sinja eine reizvolle Seite ihrer Tätigkeit. Zudem habe sie viel Kontakt zu Mandanten - manchmal darf sie einen zum Notartermin begleiten. "Einmal musste ich sogar dolmetschen, denn ich spreche gut Englisch." Nur Mathe sei ein Problem im Studium. Dafür müsse sie viel lernen.

Im Oktober beginnt für Sinja das vierte Semester. Das Studium an der FOM sei hervorragend organisiert, das Lernen in der kleinen Gruppe von zehn Studenten intensiv und anstrengend. "Man muss immer präsent sein", sagt Sinja. "Aber die Professoren bringen selbst schwierige Themen verständlich rüber." Sinja fühlt sich an der Hochschule gut betreut und genießt die neuen Studienräume am Schlump, die klimatisiert und mit der neuesten Technik ausgerüstet sind.

+++Steuertipps für Studenten +++

"Man muss in diesem Beruf keine Angst haben, arbeitslos zu werden", sagt Knut Henze, Hauptgeschäftsführer der Steuerberaterkammer Schleswig-Holstein . "Die Jobperspektiven sind unglaublich gut." Leider sei das Image immer noch nicht so positiv, wie es sich die Branche wünscht. "Obwohl wir mit der Information von Berufsberatern der Bundesagentur für Arbeit in modernen Praxen dazu beitragen, den Blickwinkel für den Ausbildungsberuf zu schärfen. Es fehlt eine Vorabendserie über die spannende Arbeit von Steuerberatern", sagt Henze. Zudem handele es sich um einen der anspruchsvollsten Ausbildungsberufe. Abstraktionsvermögen sei ebenso Voraussetzung wie ein Gespür für Zahlen und Texte.

"Man muss lernen, vom einzelnen Fall zu abstrahieren", sagt Henze. Ein Steuerberater müsse keine höhere Mathematik beherrschen, jedoch eine Bilanz einschätzen können. Außerdem arbeitet er immer im Team. Eigenbrödler haben keine Chance. Zudem ändert sich das Steuerrecht laufend. "Wir müssen uns ein Leben lang fortbilden", sagt Sinja, die ihr Studium 2014 abschließen wird. "Mich könnte danach Internationales Steuerrecht, eine Arbeit im Ausland oder auch die Selbstständigkeit reizen."