Absolventen der Technischen Uni Harburg, die sich selbstständig machen wollen, erhalten Unterstützung vom hep und von der TuTech Innovation.

Als Till Marquardt, 32, und Jan Binnebesel, 33, am 1. April 2008 ihre Firma mb + Partner gründeten, avancierten die Maschinenbau-Ingenieure der Technischen Uni Harburg mit einem Schlag zu Hoffnungsträgern der Flugzeug-Branche. Grund ist das sogenannte bodenbasierte Fahrwerksystem GroLaS ("Groundbased Take-off and Landing System"). Ihre Vision: Statt übers fest installierte Fahrwerk sollen die Maschinen über eine Art Schlitten am Boden starten, landen und rollen. Das soll den Fluggesellschaften irgendwann viel Geld sparen: Da die Flugzeuge fast 15 Prozent leichter sind, sinken die Kraftstoffkosten um 20 Prozent. "Mit der Gründung unserer Firma wollten wir eine Basis für Gespräche und die Weiterentwicklung und Vermarktung des Produktes mithilfe strategischer Partner und Investoren in Deutschland schaffen", sagt Binnebesel.

Dass die beiden Gründer ihre Idee entwickeln konnten, verdanken sie auch dem Hamburger Existenzgründungs Programm, kurz: hep. Dort finden Studenten aller Hochschulen Rat und Hilfe bei der Gründung ihrer Unternehmen, zum Beispiel Coachings in Präsentation und Gesprächsführung, Unterstützung beim Schreiben von Businessplänen, Förderanträgen oder beim Einwerben von Fremdkapital.

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Zwei bis drei Ideen pro Woche landen auf dem Tisch von hep-Berater Nils Neumann und seinen Kollegen. Die meisten kommen von Absolventen der Hamburger Hochschulen oder von Akademikern, die bereits Erfahrungen in der freien Wirtschaft gesammelt haben.

Studenten der Technischen Uni Harburg, wie es Marquardt und Binnebesel waren, erhalten außerdem Hilfe bei der hochschuleigenen Transferstelle, der TuTech Innovation GmbH. Sie schmiedet Kooperationen zwischen Hochschule und Unternehmen, zum Beispiel für Forschungsvorhaben, und betätigt sich als sogenannter Inkubator, indem sie Gründern Räume, Infrastruktur und umfassende Beratung bietet.

Wer erfolgreich gründen will, sollte zunächst die häufigsten Fehler kennen, sagt Frederic Breiler vom Hamburger Gründungszentrum .garage: "Viele unterschätzen vor allem kaufmännische Themen wie Buchhaltung oder Steuern und haben keinen Überblick über die Kosten." Gleichzeitig überschätzten viele das Marktpotenzial ihrer Idee, hätten keinen konkreten Marketing- und Vertriebsplan oder vergäben die Chance auf Fördermittel. "Die meisten gibt es nur vor der Gründung, hinterher ist es zu spät."

Auch beim hep stehen erst einmal Idee und Vermarktungskonzept auf dem Prüfstand. Berater Neumann: "Die Innovation muss einen akuten Bedarf befriedigen, ein Problem lösen und einen möglichst großen Markt ansprechen." Auch die Einstellung muss stimmen. "Die Gründer müssen fest an ihre Idee glauben und einen langen Atem mitbringen. Nur so können sie auch Durststrecken ohne große psychische Einbrüche überstehen." Selbstbewusstsein und das "Brennen für die eigene Sache" ist auch für .garage-Experte Breiler Voraussetzung für den Erfolg: "Wer selbst überzeugt ist, kann auch mögliche Investoren eher begeistern."

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Ebenso elementar: die Planung. Dazu zählt eine Markt- und Zielgruppenanalyse, um das Angebot exakt darauf ausrichten zu können. Auch Konkurrenz-Produkte sollten die Gründer vorab prüfen und das Profil des eigenen Produkts durch ein Alleinstellungsmerkmal schärfen. Bei Marquardt und Binnebesel gaben vor allem Gespräche mit Luftfahrt-Experten, die eine positive Einschätzung ihres Produktes abgaben, sowie Recherchen zum Marktpotenzial den Ausschlag zur Gründung.

Wichtig sei es auch, die eigenen Zahlen im Kopf zu haben und für die Gründungsphase eine solide finanzielle Basis zu schaffen. Hep-Berater Nils Neumann weiß, dass ein technologieorientiertes Unternehmen etwa ein Jahr braucht, bis es in der Lage ist, sich selbst zu tragen. Er rät einem Gründer darum, "rechtzeitig ein Netzwerk von Freunden, Familie und Hochschule zu schaffen, das ihn ideell und finanziell unterstützt".

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Auch Wissenslücken sollten erkannt und behoben werden. Auf Basis einer Bedarfsanalyse schlägt Neumann den Gründern passende Fortbildungen zu Themen wie Betriebswirtschaft, Marketing, Rechnungswesen oder Patentrecht unter dem Dach des hep vor.

Wie wichtig die Nähe zur Industrie bei technischen Innovationen ist, zeigt das Beispiel der 2003 gegründeten Firma Ultrawaves, das Ultraschallgeräte für die Bearbeitung von Biomassen und Klärschlamm von Biogas-Erzeugern vermarktet. Gründer Klaus Nickel, 44, Doktorand der Verfahrenstechnik an der TU Harburg und sein Professor Uwe Neis, 68, gewannen zunächst ein Industrieunternehmen, bei dem Ultraschallwellen zum Einsatz kommen, für die Finanzierung der Produkt-Forschung an der TU. Weitere Gelder kamen vom Bundesministerium für Forschung und Technologie. Die Serienfertigung der Geräte übernahm nach erfolgreicher Präsentation des Prototypen die Firma Sonotronic als Industriepartner.

Eines der wichtigsten Kriterien für erfolgreiches Unternehmertum jedoch ist die Lust an der offensiven Vermarktung. Für Ultrawaves kam der Durchbruch 2003 auf einer internationalen Umweltmesse: Dort kam der Kontakt zu den ersten ausländischen Vertriebspartnern zustande, die das Gerät seitdem unter eigener Regie im Heimatland vertreiben.