Ein langfristig angelegtes Förderkonzept soll die Wirtschaft ansprechen und jungen Forschern bessere Zukunftsperspektiven bieten.

Hamburg. Im Vergleich mit den besten deutschen Universitäten kann die Forschung an Hamburgs Hochschulen nur teilweise mithalten, wie die Bundesexzellenzinitiative zeigte. Die Uni Hamburg bekam zwar eine Verlängerung für ihren Exzellenzcluster CliSAP bewilligt, konnte mit einem weiteren Antrag zur Erforschung der Bewegung von Atomen überzeugen und sich so für die nächsten fünf Jahre insgesamt 60 Millionen Euro Fördergeld sichern. Die Technische Universität Harburg (TUHH) ging dagegen leer aus. Nun wollen die Harburger ihre Forschung mit einem eigenen Konzept voranbringen: Insbesondere Kooperationen mit der Wirtschaft sollten stark ausgebaut werden, sagte der Vizepräsident für Forschung, Jürgen Grabe, der das Konzept dem Abendblatt vorstellte: "Wir suchen Partner, mit denen wir langfristig zusammenarbeiten können."

Der Professor für Geotechnik und seine Kollegen haben sich für die kommenden Jahre einiges vorgenommen: Sechs Millionen Euro wollen sie in ein neu gegründetes Exzellenzkolleg investieren, das zunächst bis 2022 laufen soll. Drei Millionen Euro stammen aus Ersparnissen der TUHH, weitere drei Millionen gibt Hamburgs Wissenschaftsbehörde dazu. "Diesen Betrag möchten wir durch Fördergeld von externen Partnern verdoppeln", sagte Grabe. Das Exzellenzkolleg soll aus drei Gruppen mit jeweils drei Doktoranden und einem Juniorprofessor bestehen. Diese Gruppen werden zeitversetzt starten. In den ersten vier Jahren wird jeweils die Universität die Forscher finanzieren, in den folgenden zwei Jahren soll dies der Partner übernehmen.

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Normalerweise haben Forschungsprojekte, die mit Drittmitteln unterstützt werden, eine relativ kurze Laufzeit von drei bis vier Jahren. Die auf jeweils sechs Jahre angelegten Projekte des Exzellenzkollegs könnten - so die Idee - anschließend in Stiftungsprofessuren oder von der TUHH geschaffene Professuren aufgehen; alternativ könnten die Forscher bei den beteiligten Unternehmen eine Anstellung finden. Diese Perspektive - längere finanzielle Absicherung, stärkere Anbindung an die Wirtschaft - soll mehr junge Spitzenforscher an die Hochschule locken. Bisher sei die TUHH "klein, aber fein im Konzert der technischen Universitäten", sagte Grabe. Ersteres solle sich ändern: "Wir wollen wachsen."

Mit der neuen Strategie will die Hochschule ihr Profil schärfen. Derzeit arbeiten 95 Professoren an 54 Instituten in einer Vielzahl von Forschungsprojekten. Angesichts dieser Masse sei es potenziellen Förderern aus der Wirtschaft und Partnern von anderen Hochschulen bisher womöglich schwergefallen, die grundsätzlichen Stärken der TUHH zu erkennen, sagte Grabe. "Nach außen wird noch nicht genug deutlich, wofür die TUHH steht." Ändern soll sich dies, indem die Projekte künftig gebündelt in drei "Kompetenzfeldern" präsentiert werden, die TUHH-Präsident Garabed Antranikian kürzlich formuliert hat: erneuerbare Energien, Energiespeicher, Stromnetze, Wasser- und Umwelttechnik ("Green Technologies"), Medizintechnik, Biomaterialien und Bioprozesstechnik ("Life Science Technologies") sowie Luft- und Schifffahrttechnik ("Aviation and Maritime Systems").

Für die Partner aus der Industrie soll das neue Förderkonzept natürlich auch Vorteile haben, etwa einen besseren Zugang zu wissenschaftlichem Know-how. Angesichts der überschaubaren Investitionen - eine Juniorprofessur koste jährlich 150 000 Euro - sei dieses Modell auch für mittelständische Betriebe interessant, sagte Dr. Johannes Harpenau, Forschungsmanager an der TUHH. Reizvoll sei das Förderkonzept aber auch für Verbände und Vereine, so Vizepräsident Grabe: "Wenn wir etwa Sicherheitskonzepte entwickeln, wie Ingenieure und Arbeiter auf hoher See von einem Schiff auf eine Windkraftanlage übersetzen können, ist das auch für Berufsgenossenschaften von Bedeutung. Auch solche Einrichtungen kämen also als Partner infrage."

Konkret soll die Zusammenarbeit wie folgt aussehen: Potenzielle Partner können sich bis Ende September bei Vizepräsident Jürgen Grabe oder bei Johannes Harpenau mit Ideen für Forschungsprojekte bewerben. Anschließend trifft ein Komitee an der TUHH eine Auswahl und legt gemeinsam mit den Partnern fest, welche Themen bearbeitet werden. Wird dadurch nicht die Freiheit von Forschung und Lehre beeinträchtigt? Diese Gefahr sehe er nicht, sagt Jürgen Grabe. "Wir definieren das Ziel der Forschungsarbeiten, ohne dass am Ende ein Produkt stehen muss. Auch über die Besetzung der Juniorprofessuren entscheidet allein unsere Hochschule."