Es gibt viele Möglichkeiten für Unternehmen, ihre Online-Reputation zu verspielen - Experten erklären, was man stets im Blick haben sollte.

Werder Bremen erlebt es gerade, weil vielen Fans der neue Sponsor des Fußballklubs, Wiesenhof, missfällt. Über Henkel brach das Unglück im Jahr 2011 herein, weil das Unternehmen erst zur Abstimmung über neue Werbemotive für Pril aufgerufen hatte, dann aber die albernen Vorschläge, die auf den ersten Plätzen gelandet waren, nach hinten verbannte. Das Phänomen nennt sich "Shitstorm": Unzählige Menschen äußern - oftmals sogar pöbelnd - online ihr Missfallen über eine Aktion oder ein Produkt. Das schadet dem Image eines Unternehmens enorm.

Verschreckt werden aber nicht nur Kunden. "Der allgemeine Ruf eines Unternehmens spielt auch bei Bewerbern eine große Rolle", sagt Sören Mohr, Geschäftsführer der Werbeagentur New Communication in Kiel, die auf das Thema Online-Reputation spezialisiert ist. Denn Mitarbeiter wollen sich mit ihrem Arbeitgeber identifizieren. "Motivation wird heute nicht mehr nur monetär gesteuert", sagt Sören Mohr. Wichtig sei auch, mit Stolz seinen Arbeitgeber nennen zu können. "Während der HSH-Nordbank-Affäre zum Beispiel ist es vielen Beschäftigten sehr unangenehm gewesen, zu erzählen, für wen sie tätig sind."

+++Sturm der Empörung - Wenn Firmen online kritisiert werden+++

Seit es das Internet und damit unzählige Bewertungsportale und Foren gibt, wird es für Unternehmen zunehmend schwieriger zu steuern, wie sich ihr Image entwickelt. "Dabei sind das Image und die Online-Reputation gerade heute in Zeiten des Fachkräftemangels sehr wichtig", sagt Anika Geisel, Strategieberaterin für Social Media bei der Agentur Eck Kommunikation in München. "Bei großen Unternehmen ist das Thema angekommen", glaubt die Expertin. Bei kleinen Firmen und Mittelständlern dagegen sei es erst "im Werden". Oft fehle allerdings Personal, das sich intensiv darum kümmert, Foreneinträge zu sichten und sich um die Kommunikation mit Internet-Nutzern, Kunden und potenziellen Mitarbeitern zu kümmern.

Wer darüber nachdenkt, online mit der Öffentlichkeit in Kontakt zu treten, dem kommt heute meistens als erstes Instrument ein Facebook-Profil in den Sinn. Doch brauchen Unternehmen diese Plattform wirklich zwingend? Sören Mohr verneint: "Es wäre falsch, bei Facebook sein zu wollen, nur weil 'alle anderen' dort auch sind." Nur wer strategisch an das Thema Soziale Medien herangeht, ziehe auch Nutzen daraus. "Wer dort einfach nur unkommentiert die Inhalte seines Internetauftritts wiedergibt, macht eher etwas kaputt", sagt der Experte für Reputation.

Seine eigene Agentur nutzt Facebook als "Family&Friends"-Plattform und damit indirekt zur Mitarbeiterbindung. "Zielgruppe sind die Angehörigen von Mitarbeitern und unser halb befreundetes Umfeld", erzählt Sören Mohr. Sie bekommen dadurch Einblick in den Arbeitsalltag der Werbeagentur und halb offizielle Informationen. Die Menge der Freunde, die die Agentur dadurch sammeln kann, ist begrenzt. "Zehn bis 15 Leute pro Mitarbeiter", schätzt Mohr. "Aber Freunde jagen sollte nie das Ziel sein." Für jedes Unternehmen sei es besser, wenige gute Kontakte zu haben, als Tausende Gelegenheitsklicks.

+++Zahnarzt klagt wegen schlechter Bewertung im Internet+++

"Potenzielle Bewerber wollen online kein Marketing-Geschwätz lesen", sagt Social-Media-Beraterin Anika Geisel. "Was sie interessiert, sind Einblicke ins Unternehmen - wie ist die Kultur, worauf lasse ich mich ein, wenn ich mich dort bewerbe? Es ist ganz wichtig, dass die Online-Reputation, die man sich verschafft, wirklich zum Unternehmen passt."

Auch Anika Geisel meint, Facebook sei kein Muss. "Aber es ist im Personalbereich sehr beliebt, weil man dort die Jüngeren findet. Die kennen schon kein anderes Netzwerk mehr." Schritt eins in Sachen guter Online-Kommunikation ist für Geisel aber immer noch die mit hilfreichen Informationen gefüllte Website. "Was gibt es für Stellen für Azubis? Was versteckt sich hinter einem bestimmten Beruf? So etwas kann man gut über die Internetseite spielen."

+++Online-Marketing wird zum Milliarden-Geschäft+++

Weniger Kontrolle haben Unternehmen über Beiträge, die Internet-User auf Bewertungsportalen für Arbeitgeber hinterlassen (zum Beispiel kununu.com, kelzen.com, jobvoting.de) oder die sie in Diskussionsforen veröffentlichen. "Trotzdem muss man das als Unternehmen im Blick haben", sagt Sören Mohr von New Communication. Großunternehmen sollten das täglich tun. Fehlt in kleineren Firmen Personal dafür, rät er, wenigstens zwei oder drei Foren, die für das Unternehmen am wichtigsten sind, alle zwei Tage auf Einträge zu prüfen.

Auf Kommentare von genervten Kunden ehrlich und verbindlich reagieren

Fallen die Kommentare der Nutzer schlecht aus, könnte das Unternehmen ebenfalls einen Beitrag posten. "Oft geht es um Kulanzfälle", sagt Mohr. "Dann kann man zum Beispiel seinen eigenen Standpunkt darstellen, erklären, warum das so gelaufen ist, und vielleicht auch eine Zahl nennen, in wie vielen Fällen durchschnittlich Kulanz gewährt wird."

Davon, sich als Privatmensch zu tarnen und eine positive Bewertung dagegenzusetzen, rät Sören Mohr dringend ab. "Nie faken!", sagt er. "Kommt so etwas heraus - und das passiert leicht -, dann kippt die Stimmung gegen das Unternehmen. Als Lügner dazustehen ist das schlimmste Reputationsproblem, das man haben kann."