Hamburg. Der Kabarettist Rainald Grebe - wohl eher noch Rockstar als ein Marketingfachmann - sang einst: "Wenn BWLer tanzen, wie soll man das nennen? Man muss nicht nur feiern wollen, man muss es auch können." Mit diesem drögen Image vonBetriebswirten haben die Teilnehmer des nationalen Branchentreffs fürInternetwerbung "Online Marketing Rockstars" nicht viel gemein.

Unter ihnen sind Werbetreibende, Programmierer, Wirtschaftsfachleute und Psychologen, die in einem Geschäftsbereich arbeiten, der schnelle Reaktionen und kreative Lösungen verlangt. Und zum Feiern haben sie allen Grund: Wie die Zahlen des Analysten IDC zeigen, beträgt der Anteil des Online-Marketings am deutschen Gesamtwerbemarkt inzwischen 18 Prozent.4,1 Milliarden Euro setzte die Branche 2011 um. Zum Vergleich: Die TV-Werbung hatte ein Gesamtvolumen von 4,3 Milliarden Euro. Und es ist durchaus keine Eintagsfliege, die hier Höhenluft schnuppert, wie das durchschnittliche Marktwachstum von 35 Prozent in den letzten zehn Jahren beweist. Grund genug also, mal darüber zu reden, was Online-Marketing bedeutet und wen es voranbringen kann. So hatte die Hamburg Media School zum Branchentreff in den Räumen des Kult-Kiezklubs "Große Freiheit 36" geladen.

Zu Beginn hörten 700 Gäste von Nikolaus Röttger, Chefredakteur der Zeitschrift "Business Punk", was einen "Rockstar" im Marketing überhaupt ausmacht. "Grenzen werden nicht mehr akzeptiert. Um was zu erreichen, wird auch nach Feierabend weitergearbeitet, und Autoritäten fallen weg, wenn jeder Konzernchef per Mail erreichbar ist." Es sei vor allem "kreative Zerstörung" gefragt, sagte Röttger.

Eher als Macher denn als Zerstörer bekannt ist Niels Dörje, Ex-Google-Entwicklungsmanager und seit Kurzem Gründer des Ferienunterkunftsportals Holidayinsider.com. Zumindest aber dem Vorurteil, Online-Marketing sei nur mit viel Geld von großen Firmen zu betreiben, wollte er den Garaus machen. Gerade der Mittelstand könne vom Online-Marketing profitieren, so Dörje. Das müsse auch nicht teuer sein; denn zuerst gehe es darum, sich darüber klarzuwerden, mit welchen seiner Produkte man im Internet gefunden werden wolle, und dann den Internetauftritt darauf abzustimmen. Wichtig sei, es zu verstehen, "wie Google tickt".

Was nach Google noch möglich ist, zeigte Björn Sjut, Ex-Marketingleiter der Dating-Plattformen "be2" und "cdate". Für ihn bedeutet Online-Marketing aktives Werben mithilfe von Kundendaten. "Search retargeting" nennt sich das Verfahren, mit dessen Hilfe Kunden, die bereits ein bestimmtes Produkt gesucht haben, später wiedergefunden werden können. "Sie bekommen dann ein Angebot, das sie nachweislich interessiert", so Sjut. Die Ergebnisse sprechen für den Hamburger Marketingspezialisten, der Kunden aus 30 Ländern auf die Dating-Plattformen lockte und mittlerweile sein eigenes Start-up "Finc3" gegründet hat. Für Kunden sei Hamburg eine Topadresse, da viele gute Marketingagenturen in der Stadt ansässig seien, sagte Sjut.