Verbandschef Bonz erneut kritisiert. Bundesregierung lehnt Hilfegesuch der Reeder ab. Finanzlage vieler Schifffahrtsfirmen dramatisch.

Hamburg. Der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) und dessen Präsident Gunther Bonz stehen erneut in der Kritik. Nach Claudia Roller, der Marketing-Chefin des Hafens, und der Gewerkschaft Ver.di lehnte gestern auch Klaus-Dieter Peters, Präsident des Zentralverbands der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), den jüngsten Vorschlag von Bonz ab. Dieser hatte gefordert, nach dem Baustopp für die Elbvertiefung Fördergelder von den Umweltverbänden BUND, Nabu, WWF und der Stiftung zur Förderung des Lebensraums Elbe abzuziehen.

"Eine Frontal-Konfrontation mit den Umweltverbänden ist nicht zielführend", sagte Peters. "Wir werden unserer Verantwortung nicht gerecht, wenn wir uns in Schützengräben zurückziehen und uns gegenseitig beschießen." Er plädierte für den Dialog mit den Umweltschützern. "Wirtschaft und Umwelt stehen nicht im Gegensatz." Der ZDS ist der Dachverband des UVHH.

Der erneut verzögerte Ausbau der Elbe zählt für den ZDS zu den dringendsten Verkehrsprojekten. Zwar habe der Bund jetzt die Mittel für den Bau einer fünften Schleusenkammer für den Nord-Ostsee-Kanal bereitgestellt. Doch noch immer sei beispielsweise ungewiss, ob und wann die Y-Trasse als Schienenverbindung für Güterzüge zwischen Hamburg, Bremen und Hannover fertiggestellt werden könne. "Von der von der Politik versprochenen besonderen Berücksichtigung der Seehafenanbindungen per Schiene kann derzeit keine Rede sein", sagte Peters.

Insgesamt geht der Verband davon aus, dass jährlich 14 Milliarden Euro für Verkehrsprojekte ausgegeben werden müssen. "Da in den vergangenen Jahren zumeist nur zehn Milliarden geflossen sind, fehlen im Haushalt jährlich vier Milliarden", so der ZDS-Präsident. "Unser Land zehrt von der Substanz."

Auch die Chancen der Häfen, vom Ausbau der Windanlagen auf See zu profitieren, stocken derzeit. "Bisher sind in der Nordsee 40 Anlagen angeschlossen und weitere 120 bis 150 geplant. Doch nach den Plänen der Regierung hätten schon von 2011 an jedes Jahr 200 Windkrafträder betriebsbereit sein müssen", sagte ZDS-Vorstand Andreas Wellbrock. Hintergrund dafür seien fehlende Finanzierungsmöglichkeiten und der sich immer mehr verzögernde Kabelanschluss der Anlagen an Land. So könne auch in den Häfen nicht gezielt investiert werden.

Beim Umschlag rechnet der ZDS für alle deutschen Häfen 2012 mit einem Zuwachs um drei Prozent auf 304 Millionen Tonnen. Noch im ersten Halbjahr lag die Rate bei 5,1 Prozent. Im kommenden Jahr soll das Plus beim Umschlag der deutschen Seehäfen noch bei einem bis drei Prozent liegen.

Die Bundesregierung kündigte gestern an, dass sie den wirtschaftlich angeschlagenen deutschen Reedereien nicht mit weiteren Finanzhilfen beispringen wird. Der Verband Deutscher Reeder (VDR) hatte vorgeschlagen, dass die staatseigene KfW-Bank bedrängten Reedereien befristete Überbrückungskredite geben oder aber bestehende Schiffsfinanzierungen von anderen Banken übernehmen soll. Dem schloss sich gestern bei der Schiffsfinanzierungskonferenz Hansa Forum in Hamburg indirekt auch Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) an. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) vertritt aber den Standpunkt, dass die Schifffahrtsbranche die nötige wirtschaftliche Anpassung durchstehen müsse: "Eine Konsolidierung der Schifffahrtsbranche wird nach allen Aussagen von Experten nicht ausbleiben können", schrieb er dem VDR. "Das ist eine große Enttäuschung", sagte Ralf Nagel, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des VDR.

Beim Hansa Forum wurde deutlich, dass die Zahl insolventer Reedereien und Schiffsfonds 2013 noch weiter steigen dürfte. Seit Anfang 2011 wurden 133 Schiffe deutscher Reeder insolvent gemeldet, weitere 500 bis 600 sind derzeit Sanierungsfälle.