Im April wurden 12,65 Millionen Tonnen umgeschlagen – mehr als je zuvor in Hamburg. Doch der Abstransport der Container stockt

Hamburg. Der Hamburger Hafen steckt in einer verzwickten Lage: Einerseits brummt der Umschlag auf der Seeseite so stark wie nie zuvor. Andererseits behindern zahlreiche Baustellen auf den Straßen sowie innerbetriebliche Personalprobleme bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) den reibungslosen Abtransport der Güter an Land. Die Gründe für Staus und lange Wartezeiten bei der Containerabfertigung sind also nicht nur hausgemacht: Das lässt sich besonders deutlich an den neuesten Umschlagzahlen ablesen, die dem Abendblatt vorliegen.

Die Mengen, die im Hamburger Hafen derzeit über die Kaikanten gehen, versetzen sogar Experten in Erstaunen. So macht ein Wort im Hafen die Runde, dass man hier zuletzt vor sieben Jahren gehört hat: „Rekordumschlag“. Interne Zahlen weisen auf eben diesen Spitzenwert hin: Allein im April wurden so viele Seegüter umgeschlagen wie nie zuvor im Hamburger Hafen. Insgesamt waren es 12,65 Millionen Tonnen. Im letzten Vorkrisenjahr 2007 waren es im April 11,8 Millionen Tonnen. Von Januar bis April ist der Umschlag ebenfalls zum Vorjahreszeitraum um 7,3 Prozent gewachsen. Im Mai waren die Zahlen insgesamt zwar ein wenig schwächer: Aber eines wird schon jetzt deutlich: Der Hafen hat die Krise abgehakt und steuert weiteren Rekorden entgegen.

Vor allem der Export legte kräftig zu: Er stieg in den ersten vier Monaten 2014 um 11,8 Prozent auf 12,9 Millionen Tonnen an. Importiert wurden zugleich 26,3 Millionen Tonnen, was gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Plus von immerhin 3,7 Prozent bedeutete. Großer Gewinner ist offenbar der Stückgutumschlag, der die Rekordmengen aus dem Jahr 2008 erstmals wieder überbietet. 34,14 Millionen Tonnen an Stückgut wurden an den Hamburger Terminals in den ersten vier Monaten des Jahres abgefertigt: 500.000 Tonnen mehr als vor der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise. Um den Mengenzulauf tatsächlich bewältigen zu können, müssen die Hafenhinterlandverbindungen frei befahrbar sein. Doch vor allem von den Straßen kann man das nicht behaupten. „Was der gesamten gewerblichen Wirtschaft und den zur Arbeit pendelnden Arbeitnehmern zugemutet wird, das geht so nicht weiter. Der Abriss der Langenfelder Brücke, die Sanierung der Elbtunnelröhren, die Sanierung der Köhlbrandbrücke, die fast 40 größeren Baustellen auf Hamburgs Straßen sorgen vor allem in und um den Hamburger Hafen für eine katastrophale Situation“, sagte der Präsident der Unternehmensverbände im Norden (UVNord), Uli Wachholtz, am Mittwoch auf dem Unternehmertag in Hamburg. Hinzu komme eine an ihre Grenzen stoßende Containerabfertigung vor allem am Burchardkai, wo die Wartezeiten für die Abfertigung von Containern für die Auftraggeber und die Logistiker unerträglich geworden seien. Die Folgen der Verzögerungen seien nun schon in ganz Mitteleuropa zu spüren.

Der UVNord-Präsident warnte, Wettbewerber in den Niederlanden, England und Ostseeanrainer würden nicht zögern, diese Schwäche auszunutzen. Vor rund 700 Unternehmern aus dem ganzen Norden forderte Wachholtz vom anwesenden Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) ein besseres Sanierungs- und Baustellenmanagement auf den Straßen, eine Prioritätenliste für die Infrastrukturvorhaben und eine zeitliche Entzerrung des Busbeschleunigungsprogramms.

Unterdessen laufen die Vorbereitungen von Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) zu einem Krisengespräch mit dem HHLA-Vorstandschef Klaus-Dieter Peters am morgigen Freitag auf Hochtouren. Wie berichtet hat der Chef der Deutschen Bahn, Rüdiger Grube, dieses Treffen gefordert, nachdem es am vorvergangenen Wochenende wegen Personalproblemen am Burchardkai zu größeren Ausfällen bei der Abfertigung der Containerzüge gekommen war. In der Folge kam es zu einem Rückstau der Züge bis Hannover.

Nach Informationen des Abendblatts will nicht nur Grube selbst an dem Treffen teilnehmen, sondern auch der Vorstand von DB Mobilty and Logistics, Karl Friedrich Rausch, sowie der Vorstand von DB Schenker Rail, Alexander Hedderich. Außerdem wird voraussichtlich ein Vertreter der Hamburger Spediteure zu dem Gespräch ins Rathaus kommen sowie ein Spitzenvertreter der Reederei Hamburg Süd, die von den Problemen am Burchardkai besonders betroffen ist. Möglicherweise nimmt sogar der Vorstandschef von Hamburg Süd, Otmar Gast, selbst an dem Krisengipfel teil.