Neuer Konzernchef Karl-Gerhard Eick muss sparen. Edeladressen passen plötzlich nicht mehr zur Strategie.

Das Alsterhaus gehört zu Hamburg wie der Michel und die Elbe. Seit Jahrzehnten spiegeln sich die Schaufenster des Prachtbaus im Wasser der Binnenalster, seit nunmehr fast 100 Jahren steht das 1912 gegründete Kaufhaus als Topadresse für das Einkaufserlebnis in der Hansestadt - ähnlich wie das legendäre KaDeWe in Berlin. Noch in den vergangenen Jahren hatte die Muttergesellschaft Arcandor Millionen in die Modernisierung beider Häuser gesteckt. Und nun stellt der Konzern beide Flaggschiffe auf den Prüfstand - im Rahmen eines Strategiewechsels.

"Unser Konzept zielt auf die profilierte Mitte der Gesellschaft", sagte der neue Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick (55) der "BamS" vor der gestrigen Aufsichtsratssitzung, die sich unter anderem diesem Thema widmen sollte. "In dem Zusammenhang ist natürlich zu entscheiden, wie die Premiumhäuser in Berlin, Hamburg und München (Oberpollinger, Anmerk. d. Red.) zur neuen Struktur passen." Zwar gehören die Luxusadressen nicht nur beim Image, sondern nach Informationen aus der Branche auch wirtschaftlich zu den Vorzeigehäusern der zu Arcandor gehörenden Karstadt-Gruppe. Aber sie nehmen unter den bundesweit mehr als 40 Karstadt-Filialen bei der Zielgruppe, beim Sortiment und in der Betriebsgröße eine Sonderstellung ein. Und die verlangt dem Konzern organisatorisch einiges ab. "Wir haben für die Luxusmarken der Häuser einen eigenen Einkauf. Auch für die Ansprache der gehobenen Kunden brauchen wir eine spezielle Marketingabteilung", sagt Arcandor-Sprecher Gerd Koslowski dem Abendblatt. Er betonte, es gehe bei der Zukunft für das Alsterhaus und die beiden anderen Premiumadressen ausschließlich um eine strategische Fragestellung, der wirtschaftliche Erfolg spiele dabei keine Rolle. Über etwaige Gespräche mit Interessenten wollte sich Koslowski nicht äußern.

Dabei hatten wiederholte Strategiewechsel den Konzern bereits in der Vergangenheit belastet. Eicks Vorgänger Thomas Middelhoff hatte die Tophäuser ausgebaut und eine Kooperation mit dem französischen Warenhausbetreiber Galeries Lafayette angestrebt. Zugleich ordnete bereits Middelhoff ein Sparprogramm an, das beispielsweise die Gehälter der Beschäftigten noch bis Ende vergangenen Jahres eingefroren hatte.

Dennoch steht der Handelskonzern heute finanziell mit dem Rücken zur Wand. "Es kommt weniger Geld rein als rausgeht", sagte Eick. Das werde auf Dauer weder von den Aktionären noch von den Banken toleriert.

Auch einen Personalabbau schloss Eick ausdrücklich nicht aus. Noch am gestrigen Sonntag sollte der Aufsichtsrat auch über die Sanierungspläne beraten. Nach Angaben von Eick stehen die Warenhauskette Karstadt, die Versandhandelssparte Primondo mit Quelle und der Reisekonzern Thomas Cook als Kernsegmente nicht zur Disposition. "Aber gerade bei Quelle und Karstadt müssen wir prüfen, wo wir Geld verdienen und wo nicht", sagte der Manager, der den Chefposten im März von Middelhoff übernommen hatte.

Der Rettungsplan sei für Arcandor von existenzieller Bedeutung, betonte Eick. "Mitte Juni müssen Kredite in Höhe von 650 Millionen Euro refinanziert werden." Im Herbst hatte der Konzern eine Umschuldung nur mit Mühe geschafft. Daneben benötige das Unternehmen nun auch zusätzliche Mittel für die Sanierung, sagte Eick. "Denn Umstrukturierung kostet Geld, mehr Geld als wir haben." Deshalb wolle der Konzern möglicherweise auch auf staatliche Hilfen zurückgreifen, bekräftigte Eick: "Ich werde alles versuchen, um in den Genuss dieser Mittel zu kommen, sofern es notwendig werden sollte."

Laut "Euro am Sonntag" strebt Arcandor zusätzliche Kredite von bis zu 800 Millionen Euro an. Dem Bericht zufolge hat Eick seine Sanierungspläne in den vergangenen Tagen bereits mit den wichtigsten Kreditgebern besprochen, darunter RBS, BayernLB, Commerzbank und KfW. Die Banken hätten Diskussionsbereitschaft signalisiert. Um sie zum Mitmachen zu bewegen, wollten Hauptaktionäre wie die Bank Sal. Oppenheim und die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz eine Kapitalerhöhung zeichnen. Ein Banker habe Eicks Pläne als "letzte Chance" für die Rettung des Konzerns bezeichnet. Bis gestern Abend äußerte sich der Aufsichtsrat nicht zu Beschlüssen. Am heutigen Montag werden aber Details erwartet.