Seit 50 Jahren ähneln sich die Analysen zu jenem Fußballspiel am 4. Juli 1954 in Bern. Da war von der geächteten Nation die Rede, die plötzlich wieder etwas galt, da gab es die Wechselwirkung zwischen Wunder von Bern und Wirtschaftswunder, da wurden die so genannten deutschen Fußball-Tugenden Einsatz, Fleiß und Disziplin geboren.

Zum 50. Jubiläum des nationalen Sport-Feiertages versucht es Jürgen Bertram (Jahrgang 1940), langjähriger Spiegel - und Fernsehjournalist, einmal anders. Für "Die Helden von Bern" spürte er den Lebensläufen der Idole seiner Jugend nach, die längst nicht so strahlend verliefen wie die ihrer Nachfolger von 1974 und 1990. Herausgekommen ist ein sehr persönlich gefärbtes Stück deutscher Sozialgeschichte.

Es sind liebevoll erzählte Begebenheiten, die in der Straßenbahnlinie 19 in Essen spielen, in einem Sozialwohnungsviertel in Mainz-Mombach oder auf dem Zentralfriedhof in Kaiserslautern. Die Last, nicht nur Weltmeister, sondern Mythos zu sein, konnten (und wollten) viele nicht tragen. Schon 20 Jahre nach Bern hatte etwa Werner Liebrich mit dem Kapitel abgeschlossen: "Ich will kein Held mehr sein." (cat)

  • Jürgen Bertram: Die Helden von Bern. Scherz Verlag, 256 S.; 19,90 Euro.