Mit meinen Zeilen möchte ich einer unfassbaren Tat wenigstens den Hauch von Sinn geben", schreibt unser Leser Nicolai Venus. "Und ich möchte all denen danken, die mir in der schlimmsten Stunde meines Lebens ohne zu zögern fest zur Seite standen. Es ist erst vier Wochen her, dass meine Lebensgefährtin und Liebe meines Lebens in St. Petersburg auf grausamste Weise von einem Einbrecher umgebracht wurde. Das war in der Nacht vom 20. auf den 21. Juli. Als ich am Montag im Büro die Nachricht erhielt, erlebte ich eine nie für möglich gehaltene Welle der Hilfsbereitschaft und des Mitgefühls. Angefangen bei meinen Kollegen und Vorgesetzten, die sofort alles nur Erdenkliche in Bewegung setzten, damit ich nach Russland fliegen konnte, über meine Freunde und meine Familie, die mir finanzielle und vor allem emotionale Unterstützung gaben. Diese unfassbare Tat in ihrer ganzen Grausamkeit hat selbst russische Behörden zu raschem Handeln veranlasst: Das Konsulat und die Fluggesellschaft stellten alle nötigen Papiere "fast unbürokratisch" aus. "Und in der anschließenden Woche in St. Petersburg habe ich wirklich uneingeschränkte Solidarität erfahren; ein Gefühl, das mir überhaupt die Kraft gegeben hat, das schreckliche Ereignis zu bewältigen - auch wenn es noch lange dauern wird, bis mein blutendes Herz geheilt wird. Allein in Russland, der Sprache kaum mächtig, hat mir die Liebe meiner Familie und meiner Freunde, auch der russischen, gezeigt, dass wir einen großartigen sozialen Zusammenhalt erlernt und praktiziert haben. Danke an alle! Mein Herz ist erfüllt von einer unglaublichen Traurigkeit und der Liebe zu meiner Olitschka. Doch ich empfinde keinen Hass. Ich bin kein besonders religiöser Mensch, glaube aber, dass es neben einer positiven auch böse Energie gibt. Aus diesem Grund ist mir der Täter als Individuum fast schon egal: Kein Gericht kann meine Olitschka zum Leben erwecken, kein weltliches Gericht kann überhaupt Gerechtigkeit geben. Zu groß ist die Zahl der Grausamkeiten, die täglich auf unserer Erde geschehen, zu gering ist der Respekt gegenüber allem Leben. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst - dass das möglich ist, haben meine Freunde bewiesen. Wenn es mir gelingt, mit dieser Botschaft noch mehr Menschen dafür zu sensibilisieren, ohne Hass zu sein, wenn es gelingt, nur einen potenziellen Täter von einer Tat abzuhalten, dann war ihr Tod nicht ganz umsonst."