(Film-)Mord, Familiensaga oder Psycho- drama brauchen das passende Ambiente. Zum Glück gibt es in und um Hamburg Film-Locations, wie sie im Drehbuch stehen.

So was gibt's doch nur im Film - für die meisten von uns ist dieser abgeschliffene Spruch nur allzu wahr. Wer hat schon das Privileg, in einem romantischen Schloß mit Türmchen und Zinnen zu wohnen oder in einem klassizistischen Herrenhaus? Wer nennt schon eine lauschige Kate am See sein eigen und ist schon mal in den prunkvollen Villen an der Elbchaussee zu Besuch oder auch nur in einem großzügigen Loft in der Hamburger Speicherstadt?

Nicht enttäuscht sein! Denn alles hat zwei Seiten: Zum einen ist es sehr teuer, derartige Gebäude erhalten zu müssen. Zweitens haben wir ja zum Glück Kino und Fernsehen, die uns sozusagen zum Aktionskostenpreis in schönes oder häßliches Ambiente entführen: in großbürgerliche, ländliche oder herrschaftliche Umgebung, in verwinkelte Interieurs der Speicherstadt mit ihren gruseligen Ecken, in Parks und das Haus am See, wo es sich so herrlich leben, lieben und sterben läßt.

Damit jeder Film, jede Familien- oder Ärzteserie, jeder Krimi und jede Doku in der passenden Umgebung gezeigt werden kann, gibt es sogenannte location scouts (engl. location = Drehort, Scout = Kundschafter). Sie suchen nach Häusern, verlassenen Fabrikgebäuden, Wohnungen und sogar Flußlandschaften, die geeignet sind, die Geschichte im Film zu erzählen.

Tobias von Schönermark ist seit zehn Jahren in Hamburg so ein location scout. Er hat in seinem Archiv alles, vom finsteren Gewerbekeller über Kirchen, Arztpraxen und normale Wohnungen bis zu Töpferstuben, Krankenhaus-Stationen, einer Ladeluke auf einem Frachter und einem Polizeipräsidium. "Manchmal werden auch attraktive Hamburg-Blicke angefordert oder Lofts, die auf reizvolle Hinterhöfe hinausführen", sagt er.

Grundsätzlich muß die Location besonders sein: "filmisch und optisch interessant. Entweder besonders schön - oder besonders häßlich. Der Keller für ein Entführungsopfer kann gar nicht verkommen genug sein", sagt Schönermark. Zweites Hauptkriterium ist "die Größe der Objekte. Spielt der Film in einer Wohnung, darf sie kaum weniger als 90 m⊃2; messen, denn Filmteams reisen mit mindestens 30 Leuten an und bringen viel Technik mit." Scheinwerfer, Kamera-Schienen, Stative, Kabel, sogar den Kaffee und eigene Generatoren. "Deshalb wohnt auch fast jeder kleine Film-Kommissar scheinbar in einem großen Loft."

Leichter haben es Filmer in einigen norddeutschen Schlössern Herrenhäusern, die die Agentur "Location Film Foto" als einzige vermittelt. "Sie sind ideal, weil sie Nebenräume, Scheunen und Gästezimmer haben, in denen Maske, Catering, Kostüme und Equipment untergebracht werden können", sagt Dagmar von Kügelgen. "Außerdem braucht man keine behördlichen Genehmigungen wie in der Stadt, und es sind reichlich Stellplätze vorhanden."

Es ist nämlich längst nicht immer klar, ob überhaupt am Wunschort gedreht werden darf. Für viele Drehplätze braucht man grünes Licht von Behörden: Manchmal müssen Straßen oder Gebäude gesperrt werden, damit die Filmleute arbeiten können. Andere Locations verbieten sich von selbst, etwa der Elbtunnel - viel zu wichtig, als daß man ihn sperren könnte. Oder enge Einbahnstraßen, wo kein Platz für die Wagen der Technik ist.

Denn den braucht man unbedingt. Schließlich bringt das Filmteam zur Not sogar die Möbel für den Dreh mit. "Aber wir freuen uns natürlich, wenn schon passende Einrichtung da ist und wir gleich loslegen können." Zwar wird schon mal einiges umgestellt, aber komplette Ummöbelierungen sind selten. "Wir haben zum Beispiel mal eine Wohnung ganz mit Airbrush-Motiven ausgestattet, weil die darin wohnende Figur einen Airbrush-Künstler darstellen sollte", sagt Schönermark.

Das Ganze ist nicht unbedingt leicht zu verkraften für eine Location. Schönermark vergleicht es mit einer Party: "Alle sind zivilisiert, aber weil so viele Leute auf engem Raum zusammen sind, passiert doch mal was." Was zu Bruch geht oder zerstört wird, wird ersetzt. In welchem Umfang, regeln ein Motivvertrag und die Versicherungen der Produktionsfirmen.

Aber schließlich wird so ein Dreh ja auch vergütet. Es gilt die Faustregel: Eine Netto-Kaltmiete pro Drehtag geht an den Besitzer der Location. Bei längeren Drehzeiten oder größeren Locations wird verhandelt. So bringt ein Tag einem Schloßbesitzer schon mal 800 bis 4000 Euro. Und die kann er zum Erhalt seines Anwesens garantiert gut gebrauchen.