Hundert Jahre alte Gewölbe mit dekorativ blühenden Salpeterflecken, düstere Nischen und unebene Treppenaufgänge: Die Keller im Block R der Speicherstadt passen trefflich zu allem, was mit (un-) heimlichen Aktivitäten zu tun hat - also zu einem Kloster-, Zoll- oder Entführungs-Krimi. Hier könnte zum Beispiel auch ein cleverer Kaffeehändler wichtige Dokumente der Stadtgeschichte finden - in einer zugemauerten Nische hinter alten Teekisten aus Westafrika -, die beweisen, wer Störtebeker wirklich war; oder daß Karl V. einen Agenten auf den Reformator Bugenhagen angesetzt hatte . . . Das Gewölbe am St. Annenufer atmet morbide Historie und Grauen zugleich, es wäre auch eine angemessene Heimstatt für Vampire und Science-fiction-Zombies, die sich hier leicht ansiedeln und durch die milchigen Scheiben des Gewölbekellers über den Stand der Tageszeit und den Fußgängerverkehr auf der Straße vergewissern könnten.

Früher wurden hier zwischen dick gemauerten, einst weiß gestrichenen Säulen in den Kreuzgewölben auf 800 Quadratmetern Tee und Därme für die Wurstproduktion gelagert; noch einmal die gleiche Fläche steht mit einfachen Betonpfeilern zur Verfügung. Durch Überspülungen hat sich auf dem Steinboden Elbsand angesammelt. Bröckeliger Putz, dicke, rostige Türen und ein paar alte Teekisten unterstützen die gruselige Atmosphäre.