Nach dem Tod von Eisbär Knut spielen sich im Zoologischen Garten in Berlin dramatische Szenen ab. Heute soll der Eisbär untersucht werden.

Berlin. Eisbär Knut war Berlins berühmtester "Botschafter". Sein plötzlicher Tod am Sonnabend schockiert Menschen in der ganzen Welt. Viele Trauernde pilgerten gestern in den Zoologischen Garten der Hauptstadt, um sich von ihrem Lieblingstier zu verabschieden.

"Tschüss Knut!" haben Alicia und Reiner in krakeliger Kinderschrift geschrieben. "Wir haben Dich sooo geliebt!" steht auf einem Zettel. Am nun leeren Bärenfelsen fließen Tränen, Rosen mit schwarzem Trauerflor liegen am Zaun. Eine Rollstuhlfahrerin, die zu den Berliner Stammfans von Knut zählt, sagt: "Ein Gutes hat es, jetzt ist Knut bei seinem Thomas Dörflein." Der Tierpfleger hatte den kleinen Bären mit der Hand aufgezogen, weil die Mutter ihn nicht annahm. Dörflein starb am 22. September 2008 an Herzinfarkt.

Dramatische Szenen hatten sich am Sonnabend kurz nach 15 Uhr abgespielt. Zunächst lachten einige noch, weil sie dachten, Knut tanze. Der Eisbär zuckte kurz auf, drehte sich mehrmals im Kreis. Dann brach er zusammen, stürzte ins Wasser und war tot. Er wurde nur vier Jahre alt. Kinder schrien auf, entsetzte Eltern führten sie zur Seite. Eine Frau wurde bewusstlos, der Notarzt wurde gerufen. Wegen des schrecklichen Anblicks - Knuts Körper trieb mit dem Kopf nach unten leblos im Wasser - sperrte der Zoo das Gelände. Bären-Betreuer Heiner Klös: "Es war furchtbar, aber ich wusste sofort, dass hier nichts mehr zu machen war." Der gut 270 Kilo schwere Tierkörper wurde mithilfe eines Krans geborgen und in einen Kühlraum gebracht. Heute soll eine Sektion Klarheit über die Ursache des völlig unerwarteten Todes bringen.

Unterdessen ging die Nachricht um die Welt. "World-famous polar bear Knut dies" (Weltbekannter Eisbär Knut stirbt) hieß es in vielen Überschriften. Das US-Nachrichtenmagazin "Time" platzierte den toten Knut an einer angesichts der Ereignisse in Libyen und Japan erstaunlich prominenten Stelle. In der Nachrichtenleiste stand die Meldung "Eisbär Knut stirbt tragisch" gleich hinter Japan. Beim großen US-Promiportal people.com zählte die Knut-Meldung gestern zu den drei meistgelesenen. Die britische Zeitung "Daily Mail", die Knut 2007 auf die Titelseite gehoben hatte, berichtete in ihrer Onlineausgabe ausführlich und stellte Bilder zusammen. "Geliebter Eisbär kollabiert und stirbt vor 600 Zuschauern", titelte das Blatt. Die italienische "La Repubblica" sandte ein "Lebewohl an das Bärchen Knut" und stellte ein Video auf ihre Internetseite. Selbst die "China Daily" griff den Tod auf.

Das US-Magazin "Vanity Fair" widmete ihm sogar das Aufmacherbild auf seiner Homepage. Neben einem Foto des kleinen Eisbären die Worte: "Knut, wir kannten dich kaum". Verlinkt wurde zu einer Fotoserie, die die Starfotografin Annie Leibovitz 2007 von "dem bekanntesten Eisbären der Welt" gemacht hatte. Gemeinsam mit Hollywoodstar Leonardo DiCaprio zierte Klein Knut damals mittels Fotomontage sogar die Titelseite des Magazins - als Warnung vor dem Klimawandel. Die Diskussion um den Untergang des Lebensraums seiner Art ist wohl auch das Vermächtnis des Eisbären. Seit seiner Geburt am 5. Dezember 2006 hat das Drama in der Arktis "ein Gesicht".

Knuts eigene Lebensumstände waren in den letzten Monaten seines kurzen Lebens auch nicht mehr rosig. Der noch nicht geschlechtsreife Bär teilte sich das Gehege mit drei alten Damen. Das Trio - seine Mutter Tosca, Nancy und Katjuscha, alle über 20 - isolierte ihn, ließ ihm auf dem Bärenfelsen nur wenig Platz. "Mobbing" gegen Knut hieß es in Schlagzeilen. Die kanadische Eisbären-Expertin Else Poulsen übte scharfe Kritik. Sein Leben mit den drei Weibchen sei "monoton, nicht zeitgemäß und grausam". Die Tierrechtsorganisation Peta, die Berliner Grünen und der Deutsche Tierschutzbund forderten Verbesserungen in der Haltung. Doch es blieb, wie es war - bis zu Knuts Tod, bei dem er ganz allein war.