Die Ministerpräsidentin wird aus dem Amt gejagt, weil Thaksins Einfluss auf die Regierungsgeschäfte zu groß war. In Thailand hat sich die schwere Krise noch verschärft.

Bangkok. Am Ende brach ihr der Vorwurf das Genick, sie habe ihr Amt missbraucht. Aber in Wahrheit ist Thailands Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra, 46, an ihrem großen Bruder Thaksin gescheitert. Der vertriebene Premier war der eigentliche Strippenzieher hinter ihrer Regierung. Die kleine Schwester schaltete ihn sogar online zu Kabinettsitzungen hinzu. Das empörte die Opposition, führte zu den landesweiten Protesten – und brachte Yingluck Shinawatra schlussendlich zu Fall.

Nun muss Yingluck Shinawatra ihr Amt abgeben. Das Verfassungsgericht des Landes befand sie am Mittwoch in einem Verfahren wegen Amtsmissbrauchs schuldig und enthob sie ihrer Regierungsgeschäfte. Das Gericht urteilte, mit der Versetzung des Chefs des Nationalen Sicherheitsrats 2011 habe Yingluck eine „geheime Absicht“ verfolgt, mit der sie gegen die Verfassung verstoßen habe. Auch die meisten der Kabinettsmitglieder müssen nach der Entscheidung ihre Posten aufgeben.

Bei einer Anhörung am Dienstag hatte sie alle Anschuldigungen zurückgewiesen. „Als Ministerpräsidentin bin ich berechtigt, Pflichten, die ich gegenüber dem Volk habe, auszuüben“, sagte sie.

Das Urteil dürfte die Krise in Thailand weiter verschärfen. Der Konflikt zwischen den großen politischen Lagern währt bereits seit 2006. Damals wurde Yinglucks Bruder Thaksin Shinawatra vom Militär gestürzt. Yingluck kam 2011 an die Macht. Bei den Protesten gegen sie kamen seit November mehr als 20 Menschen ums Leben. Für den 20. Juli sind Neuwahlen angesetzt.

Yingluck Shinawatra konnte sich immer auf ihren Bruder Thaksin verlassen. Der gewiefte Milliardär und Machtmensch schob seine politisch völlig unerfahrene Schwester 2011 als Spitzenkandidatin für das Regierungsamt ins Rampenlicht. „Mein Klon“, so empfahl der fünf Jahre zuvor gestürzte Ex-Regierungschef Yingluck damals. Der Sieg war ihr sicher, dank Thaksins Popularität bei der Mehrheit der armen Landbevölkerung.

Doch Yingluck entpuppte sich zunächst als Glücksgriff. Frisch und charmant reiste sie durchs Land, vermied alle Fettnäpfchen, zeigte sich offen im Umgang mit dem Volk und devot gegenüber dem mächtigen Königshaus und den wichtigen buddhistischen Religionsführern.

Versuche ihrer Partei, Thaksin per Amnestie straffrei nach Thailand zurückzubringen, haben den beispiellosen Widerstand der Opposition gegen Yinglucks Regierung entfesselt. „Niemand kann es gut aushalten, wenn er so gehasst wird“, räumte sie ein.

Yingluck, die erste Frau in diesem Amt, hat in Thailand und in Kentucky in den USA Politik und Verwaltungswesen studiert. Dann stieg sie ins Familienimperium ein und leitete erst einen Mobilfunkanbieter, dann einen Immobilienfonds. Yingluck ist verheiratet und hat einen Sohn.