Die Regierungschefin greift hart durch. Jetzt steht sie unter Bestechungsverdacht. Bei Massenverhaftungen sind mindestens drei Demonstranten und ein Polizist erschossen worden.

Bangkok. Thailands Anti-Korruptionsbehörde ermittelt gegen Regierungschefin Yingluck Shinawatra wegen Verletzung ihrer Pflichten. Bei den Ermittlungen geht es um Milliardenverluste bei einem umstrittenen Regierungsprogramm, das Bauern hohe Garantiepreise für Reis verspricht. Die Regierung kauft die Ernten auf, wird den Reis zu den Preisen auf dem Weltmarkt aber nicht los. Kritiker argwöhnen zudem Korruption in großem Stil. Exporteure sollen für Privatgeschäfte aus den staatlichen Lagern Reis weit unter dem Garantiepreis bekommen und profitabel exportiert haben.

Bei einem Einsatz gegen die Besetzer von Regierungsgebäuden hat die thailändische Polizei Dutzende Demonstranten festgenommen. Am besetzten Komplex des Energieministeriums in Bangkok seien rund hundert Demonstranten abgeführt worden, sagte der Chef des Nationalen Sicherheitsrates, Paradorn Pattanatabut, am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Die Oppositionellen hätten keinen Widerstand geleistet.

Gleichzeitig ist offenbar ein Polizist erschossen worden. Das twitterte unter anderem Sunai Phasuk von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Ein Polizeisprecher bestätigte gewalttätige Zusammenstöße. Neben einem Polizisten starben auch mindestens drei Demonstranten an Schusswunden, berichtete der Sanitätsdienst der thailändischen Hauptstadt.

Es ist die erste derartige Massen-Festnahme von Demonstranten seit Beginn der Proteste gegen die Regierung von Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra vor mehr als drei Monaten. Die Proteste hatten sich im vergangenen November an einem von der Regierung befürworteten Amnestiegesetz entzündet, das Yinglucks Bruder, dem früheren Regierungschef Thaksin Shinawatra, wohl eine Rückkehr aus dem Exil erlaubt hätte.

Die Opposition sieht Yingluck als eine Marionette ihres Bruders, dem sie Korruption und Bestechung vorwirft. Die Familie ist in weiten Teilen der Mittelschicht von Bangkok und im Süden verpönt.

Die Opposition fordert den Rücktritt der Ministerpräsidentin. Yingluck hatte im Zuge der Proteste am 2. Februar eine vorgezogene Parlamentswahl abhalten lassen. Diese wurde jedoch von der Opposition boykottiert. Demonstranten blockierten 10.000 Wahllokale und hinderten so Millionen Bürger an der Abstimmung. Sie sollen nun am 20. und 27. April wählen können. Die Wahlkommission will Ergebnisse erst dann bekanntgeben, wenn alle Bürger abstimmen konnten.

Die seit November anhaltenden Proteste werden zur Belastung für die Wirtschaft: Sie wuchs zum Jahresende nur noch um 0,6 Prozent und damit nicht einmal halb so stark wie im Sommerquartal. Wegen der Unruhen wird auch in diesem Jahr ein schwächeres Wachstum erwartet.

Vor dem provisorischen Regierungssitz versammelten sich Reisbauern und verlangten, für ihre Ernte bezahlt zu werden. Sie kletterten über Stacheldrähte und Absperrungen und drängten Bereitschaftspolizisten zurück. Allerdings stürmten sie das Gebäude nicht, das auf einem Gelände des Verteidigungsministeriums steht.

Yingluck hatte den Bauern versprochen, ihnen den Reis weit über dem Marktpreis abzukaufen. Das Programm hat aber Zahlungsschwierigkeiten, und einige Landwirte haben seit Monaten kein Geld bekommen. Korruptionsermittler gehen dem Vorwurf nach, ob Yingluck ihre Aufsichtspflichten verletzt hat.

Ihre Regierung ist nur noch geschäftsführend im Amt. Weil die vorgezogene Wahl am 2. Februar in Bangkok und im Süden des Landes gestört wurde, soll sie teilweise wiederholt werden. Bis im Parlament genügend Stimmen für die Wahl eines Regierungschefs zusammenkommen, könnten noch Monate vergehen.

Wegen der Unruhen geht die Planungsagentur des Landes davon aus, dass die Wirtschaft in diesem Jahr nur noch um drei bis vier Prozent wächst. Vor den Massenprotesten hatte sie noch bis zu fünf Prozent für möglich gehalten. Thailand ist hinter Indonesien die zweitgrößte Volkswirtschaft Südostasiens.