Eigentlich ist Bergsport ziemlich ungefährlich. Vor allem an Klettersteigen häufen sich aber Notfälle. Selbstüberschätzung ist oft der Grund dafür.

München. In den Bergen gibt es gemessen an der steigenden Zahl der Sportler immer weniger Tote und Verletzte – dafür muss die Bergwacht immer häufiger erschöpfte und überforderte Menschen aus Bergnot retten. Mangelhafte Kondition und Selbstüberschätzung seien immer öfter Gründe für Hilferufe, bilanzierte der Deutsche Alpenverein (DAV) am Donnerstag in München in seiner Bergunfallstatistik 2011. An der Ausrüstung mangele es hingegen nicht.

Zwar zählte der DAV 2011 erstmals mehr als 1000 Unfälle und Notfälle, jedoch stützt er sich auf Daten seiner Mitglieder – da deren Zahl kontinuierlich wächst, steigen auch die absoluten Unfallzahlen.

Das rechnerische Risiko ist deutlich gesunken. Vor 60 Jahren hatte der Alpenverein rund 114 000 Mitglieder – dennoch gab es mit 43 fast genauso viele Todesopfer wie 2011 mit 45 Toten bei 920.000 Mitgliedern. Das Risiko fiel von rund 0,03 auf rund 0,005 Prozent. „Es gibt grundsätzlich einen positiven Trend im Unfallgeschehen: Bei immer mehr Sportlern im Gebirge nimmt die Zahl der tödlichen Unfälle prozentual ab“, sagte DAV-Vizepräsident Guido Köstermeyer.

Eine alarmierende Zunahme der Unfälle sieht der DAV allerdings an Klettersteigen. Dort verdoppelte sich die Zahl der gemeldeten Unfälle binnen fünf Jahren. Vor allem hier spiele Fehleinschätzung eine große Rolle. Sogenannte Blockierungen machten hier fast die Hälfte (45 Prozent) der Notfälle aus: Die Betroffenen können weder vor noch zurück und müssen deshalb gerettet werden. „Die Tendenz, möglichst schwere und lange Klettersteige zu bauen, ist ein Trend, der kritisch zu sehen ist“, warnte Florian Hellberg von der DAV-Sicherheitsforschung. Die Zahl der wenig erfahrenen Betroffenen sei an Klettersteigen so hoch wie in keiner anderen Bergsport-Disziplin.

Fast ein Viertel aller Unfälle betrafen Menschen, die weniger als 25 Tourentage hinter sich haben. „Mit der Erfahrung nimmt die Beteiligung an Unfällen ab“, sagte Hellberg. „Das bestärkt uns darin, dass Ausbildung sich auch in der Unfallstatistik nachweisen lässt.“

Wandern ist laut DAV die sicherste, aber auch eine besonders beliebte Sportart in den Bergen. Deshalb sind die Unfallzahlen hier stets hoch, mehr als jeder vierte Unfall betraf Wanderer (27 Prozent). Gut die Hälfte der Opfer stolpern, knicken um oder rutschen aus. 20 Prozent bekommen körperliche Schwierigkeiten, vor allem Herz- und Kreislaufprobleme.

Weil es immer mehr Menschen im Winter in die verschneiten Berge zieht, steigen auch hier die Unfälle. Seit den 1990er Jahre habe sich die Zahl der Unfälle beim Pistenskilauf, Snowboarden und Freeriden verdreifacht, wenngleich bei der Zahl auch geändertes Verhalten der Versicherungen eine Rolle spielen könne. Der Statistik zufolge gab es jedenfalls gerechnet auf 1000 Sportstunden beim Skifahren die meisten Verletzungen – sogar mehr als beim Alpinklettern.