Der Haftrichter beim Amtsgericht Darmstadt gab dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Haftverschonung statt.

Es war gestern Mittag um 12.57 Uhr, als sich für Nadja Benaissa (26) die Gefängnistore in Frankfurt-Preungesheim öffneten. Ihr Manager Khalid Schröder und ihre Familie holten sie mit einem dunklen Van ab. Nach zehn Tagen Untersuchungshaft ist die No-Angels-Sängerin wieder in Freiheit. Der Haftrichter beim Amtsgericht Darmstadt gab dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Haftverschonung statt. Die Sängerin durfte ihre Zelle unter Auflagen verlassen. Über den Inhalt der Auflagen gab das Gericht nichts bekannt. Es handele sich um "höchst persönliche Dinge", sagte ein Sprecher. Staatsanwalt Ger Neuber: "Der Haftbefehl wurde außer Vollzug gesetzt, aber nicht aufgehoben."

Die Sängerin habe außer sich vor Freude im Auto ihre neunjährige Tochter in die Arme geschlossen, sagte ihr Manager. "Nadja geht es den Umständen entsprechend gut." Damit kann die Frankfurterin ihren 27. Geburtstag am Sonntag zu Hause feiern. Der Popstar war am 11. April vor einem Solo-Auftritt in der Frankfurter Diskothek Nachtleben wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung festgenommen und anschließend verhaftet worden. Nadja Benaissa soll laut Staatsanwaltschaft einen Mann mit dem Aids-Virus angesteckt und ihm ihre HIV-Infektion verschwiegen haben. Außerdem soll sie in Kenntnis ihrer HIV-Infektion in den Jahren 2004 bis 2006 mit drei Männern ungeschützt Sex gehabt haben. Die Staatsanwaltschaft hat ein immunologisches Gutachten bei medizinischen Experten in Auftrag gegeben. Damit soll geklärt werden, ob die Infektion im Jahr 2004 tatsächlich von ihr ausgegangen ist. Bei einer Verurteilung drohen ihr bis zu zehn Jahre Haft.

Der Fall wird in Hessen nun auch ein politisches Nachspiel haben. Der Grünen-Politiker Andreas Jürgens warf im Hessischen Rundfunk Landesjustizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) vor, die Rechte der Sängerin nicht geschützt zu haben. Es sei skandalös, dass die Verhaftung in der Öffentlichkeit stattgefunden und die Staatsanwaltschaft über ihre HIV-Infektion informiert habe. Die deutsche Aids-Hilfe sah in dem HIV-Outing eine "moderne Form der Hexenjagd".

Nadja Benaissa will sich jetzt erst einmal erholen und "so viel Zeit wie möglich zusammen mit ihrer Tochter Leila Jamila verbringen". Fest steht auch: Sie wird weiterhin bei den No Angels bleiben. "Es kam nie infrage, ohne sie weiterzumachen", sagte Manager Schröder gestern. Das bereits eingesungene neue Album der No Angels, mit mehr als fünf Millionen verkauften Platten Deutschlands erfolgreichste Mädchenband, soll wie geplant Ende Juli/Anfang August vorgestellt werden.