Die Polizei ermittelt weiter intensiv im Fall einer jungen Frau, die von einer Familie als Haussklavin missbraucht wurde. Das Paar ist vorbestraft.

Haßmersheim/Mosbach. Der Verdacht gegen ein Ehepaar, im badischen Haßmersheim eine junge Frau als Haussklavin gehalten zu haben, hat sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft verdichtet. Die Aussagen von rund 30 Zeugen, die seit Freitag vernommen wurden, hätten die Vorwürfe erhärtet, erklärten die Mosbacher Ermittler am Dienstag. Das Paar hat bereits vor rund zehn Jahren die damals minderjährige Schwester der Ehefrau schwer misshandelt. Dies geht aus der Berichterstattung über den Prozess im Jahr 2002 gegen die Eheleute hervor. Die damaligen Straftaten „weisen erhebliche Parallelen zu den aktuellen Vorwürfen“ gegen die Familie auf, sagte der Mosbacher Oberstaatsanwalt Franz-Josef Heering. Auch das mutmaßliche aktuelle Opfer des Paares in Haßmersheim - eine 20 Jahre alte Internetbekanntschaft des Sohnes - sei mit Gegenständen geschlagen worden.

Die Heidelberger Staatsanwaltschaft bestätigte, dass das Paar 2002 wegen der Misshandlung einer Verwandten verurteilt worden war. Das Mädchen sei damals „roh misshandelt und gequält worden“, sagte eine Sprecherin. Das Landgericht Heidelberg verurteilte den heute 51 Jahre alten Mann zu einer Haftstrafe von vier Jahren und sechs Monaten. Seine Frau erhielt eine Strafe von zwei Jahren, die wegen des damals sechsjährigen Sohnes zur Bewährung ausgesetzt wurde. Beide hatten laut Urteil die Schwester der Frau von Januar 2000 bis Juni 2001 mehrfach schwer mit einer Eisenstange und einer Kette verletzt.

Das Mädchen verrichtete angeblich die Hausarbeit nicht gründlich genug und kümmerte sich nicht ausreichend um ihren Neffen. Das Opfer trug durch die brutalen Angriffe unter anderem einen Nasenbeinbruch und Verletzungen im Gesicht sowie Prellungen an den Beinen und am Rücken davon. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Paar damals vorgeworfen, die junge Frau wie in einem Gefängnis gehalten zu haben.

Im aktuellen Fall soll die Familie eine 20-Jährige rund ein Jahr lang eingesperrt, misshandelt und gedemütigt haben. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die junge Frau fortwährend von einem Familienmitglied überwacht wurde. Sie sei zur Hausarbeit gezwungen worden. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass die Frau freiwillig zu der Familie zog, dann jedoch mit Gewalt festgehalten wurde. Das Opfer war durch ein geöffnetes Fenster geflohen und hatte sich mit Hilfe von Bekannten bei der Polizei gemeldet. Der Mann und die Frau bestreiten die Vorwürfe, der Sohn legte ein Teilgeständnis ab. Die drei sitzen in Untersuchungshaft.

Die Ermittlungen wegen des Verdachts der Geiselnahme werden voraussichtlich noch Wochen dauern. Die Staatsanwaltschaft Mosbach kündigte an, den früheren Wohnort der Beschuldigten zu überprüfen. Die Familie soll bis vor wenigen Monaten in Eppelheim bei Heilbronn gelebt haben. Die Heilbronner Polizei ermittelt nach Angaben einer Sprecherin derzeit nicht. Sollten die Mosbacher Kollegen darum bitten, werde man sie unterstützen.

Die Ermittler in Mosbach wollen auch einen psychiatrischen Sachverständigen hinzuziehen. Er soll zu der „psychischen Zwangslage“ der 20-Jährigen Stellung nehmen und Aufschluss über die Art der Beziehung zwischen den mutmaßlichen Tätern und der Frau geben.