Eine dreiköpfige Familie aus Haßmersheim hat eine 20-Jährige gefangen gehalten. Sie wurde misshandelt, bedroht und sexuell genötigt.

Haßmersheim. Eine Familie im baden-württembergischen Haßmersheim soll eine 20 Jahre alte Frau in ihrem Haus gefangen gehalten und misshandelt haben. Nach einem Jahr in Gefangenschaft gelang der jungen Frau am vergangenen Wochenende die Flucht durch ein offenes Fenster. Ein Sondereinsatzkommando nahm nun einen Mann, seine Frau und deren Sohn fest. Die drei sitzen zur Zeit in Untersuchungshaft.

Der Familienvater ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft strafrechtlich schon einmal aufgefallen. Da es Hinweise gab, dass er im Besitz von Waffen sein könnte, wurde das Sondereinsatzkommando hinzugezogen. Der Mann soll die junge Frau auch sexuell genötigt haben.

„Die beiden Beschuldigten haben wohl die Tat bestritten, aber der Sohn soll Einzelheiten eingeräumt haben“, sagte Oberstaatsanwalt Franz-Josef Heering von der Staatsanwaltschaft Mosbach. Nach den Angaben des Sohnes soll auch Gewalt gegen die Frau angewendet worden sein.

Laut Heering handelt es sich bei der 20-Jährigen um eine Bekannte des Sohnes, die freiwillig zu der Familie gezogen sei. „Vielleicht war das eine Gelegenheit für sie, unterzukommen“. Das müsse noch geklärt werden. Offenbar sei sie auch mit der Familie erst vor wenigen Wochen nach Haßmersheim gezogen. „Wie sich das dann in der psychosozialen Dynamik dann entwickelt hat, müssen wir sehen.“ Die Familie stehe unter dringendem Tatverdacht, die 20-Jährige als Geisel genommen zu haben.

„Ich bin bestürzt, dass so was in unserer Gemeinde möglich ist“, sagte der Bürgermeister von Haßmersheim, Marcus Dietrich (parteilos). „Man denkt nicht, dass das im Dorf passiert, dass jemand über Monate gefangen gehalten wird und fliehen muss. Unvorstellbar, dass das bei uns passiert – aber offenbar war es so.“ Die Familie sei erst vor drei Monaten aus dem Rhein-Neckar-Kreis nach Haßmersheim gezohen und habe keinerlei örtliche Beziehungen.

Eine Qualität wie der Fall Fritzl im österreichischen Amstetten, wo ein Mann seine Tochter über viele Jahre im Keller gefangen hielt und mit ihr mehrere Kinder zeugte, habe der Fall in Haßmersheim nicht, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Nähere Angaben zu den Umständen, wie die Frau im Haus der Familie gelebt habe, wollte er nicht machen.