Ein Anwalt hatte kritisiert, dass Kachelmann als “bloßer Beschuldigter vor laufenden Kameras in eine grüne Minna weggeschlossen wurde“.

Mannheim/Berlin. Wurde TV-Experte Jörg Kachelmann nach seiner Vernehmung öffentlich zur Schau gestellt? Das Amtsgericht in Mannheim hat am Donnerstag den Vorwurf eines Berliner Medienanwalts zurückgewiesen. „Das Vorgehen wurde mit Herrn Kachelmann abgestimmt, dem auch Gelegenheit gegeben wurde, sich gegenüber der Presse zu äußern“, sagte Gerichtssprecher Volker Schmelcher der Deutschen Presse-Agentur dpa. Außerdem könne ein Informationsanspruch der Öffentlichkeit „nicht ohne weiteres beiseite geschoben werden“. Dieser Anspruch müsse mit dem Persönlichkeitsrecht Kachelmanns abgewogen werden. „Eine solche Abwägung hat das Amtsgericht pflichtgemäß vorgenommen“, sagte Schmelcher.

Der TV-Wetterexperte Kachelmann sitzt wegen des Verdachts der Vergewaltigung seiner früheren Lebensgefährtin in Untersuchungshaft. Er bestreitet aber die Vorwürfe und will sich juristisch dagegen zur Wehr setzen. Nach seiner Vernehmung musste der 51-Jährige im Amtsgericht Mannheim am Mittwoch zu einem Gefangenentransporter auf dem Hof laufen. Dort warteten Journalisten mit Kameras und filmten die Szene.

+++ HINTERGRUND DRINGENDER TATVERDACHT UND FLUCHTGEFAHR +++

Der Berliner Medienanwalt Christian Schertz zeigte sich empört über die „Vorführung“ Kachelmanns. „Mir ist kein Fall in der deutschen Pressegeschichte bekannt, wo es die Justiz ermöglicht hat, dass ein bloßer Beschuldigter vor laufenden Kameras in eine grüne Minna weggeschlossen wurde“, kritisierte Schertz in einem dpa- Gespräch. „Der Staat hat eine unbedingte Schutzpflicht, auch für den Beschuldigten, dass er nicht ohne Not in einer für ihn unwürdigen Situation abgebildet wird.“

Die Justiz hätte verhindern müssen, dass solches Bildmaterial hergestellt werden kann, kritisierte Schertz weiter. „Offensichtlich war hier aber genau das Gegenteil der Fall, da die grüne Minna vor dem Gerichtsgebäude parkte, so dass die Fotoreporter ungehindert Fotos von Herrn Kachelmann in dieser Situation machen konnten“, sagte Schertz, der Prominente wie Günther Jauch und Thomas Gottschalk bei Fragen des Persönlichkeitsrechts vertritt sowie im vergangenen Jahr Nadja Benaissa von der Pop-Gruppe No Angels beim Vorwurf der Körperverletzung als Presseanwalt zur Seite stand.

Üblicherweise erfolgten Haftprüfungstermine auch bei prominenten Beschuldigten bewusst hinter verschlossenen Türen, um die Betroffenen zu schützen. „Dieses wurde im vorliegenden Fall zumindest grob fahrlässig unterlassen.“ Das Vorgehen erinnere an den Fall des früheren Postchefs Klaus Zumwinkel, der vor laufenden Kameras festgenommen worden sei, da die Medien zuvor darüber informiert waren, meinte Schertz.