Um die schweren Pfuschvorwürfe zu prüfen, ist der Aufsichtsrat der Kölner Verkehrs-Betriebe zu einer Krisensitzung zusammengekommen.

Köln. Fehlende Stahlbügel, gefälschte Vermessungsprotokolle, Schlampereien - die Mängelliste beim Bau der Kölner U-Bahn wird immer länger. Um die Pfuschvorwürfe zu prüfen, ist der Aufsichtsrat der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) am Dienstag zu einer Krisensitzung zusammengekommen. Mit welchem Ausgang, sei noch völlig offen, hieß es bei der KVB.

Gutachter und Techniker prüfen unterdessen unter Hochdruck, ob die Stabilität der U-Bahn-Baustellen in der Innenstadt wegen der Mängel auch bei Hochwasser des Rheins noch gegeben ist. Um die Sicherheit zu erhöhen, wurden an der Haltestelle Heumarkt bereits vorsorgliche Maßnahmen veranlasst. Dazu zählt laut KVB vor allem der Einbau zusätzlicher Querversteifungen an den Grubenwänden. Im Notfall könnte die unterirdische Baustelle auch geflutet werden, um den Druck durch ein möglicherweise steigendes Grundwasser zu mindern. Derzeit gibt es für eine solche Maßnahme den Verkehrs-Betrieben zufolge jedoch keinen Anlass. Aktuell sinke der Grundwasserspiegel sogar, erklärte die KVB. Nach Angaben der städtischen Hochwasserschutz-Zentrale muss mit zunehmender Schneeschmelze und möglichen Niederschlägen langfristig jedoch mit höheren Pegel-Ständen gerechnet werden.

Knapp ein Jahr nach dem Einsturz des Stadtarchivs , der mit dem U-Bahn-Bau in Verbindung gebracht wird, ist die Sicherheit der Baustellen wieder ein großes Thema. Berichten zufolge besteht inzwischen der Verdacht auf organisierten Betrug, weil immer mehr falsche Vermessungsprotokolle für sogenannte Schlitzwand-Lamellen in den drei Baugruben Waidmarkt, Heumarkt und Rathaus entdeckt wurden. Rechtlich vorgeschriebene Werte, die die Beschaffenheit des jeweiligen Wandabschnitts wie einen Fingerabdruck dokumentieren müssten, sollen nicht nur vertauscht, sondern gezielt manipuliert worden sein.

Die Kölner Staatsanwaltschaft wollte sich dazu am Dienstag nicht äußern. Im Rahmen der Ermittlungen würden viele Dinge überprüft, sagte ein Sprecher. Die Anklagebehörde hatte Ende Januar bereits gegen zwei Bauverantwortliche ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs und Unterschlagung eingeleitet. Sie sollen auf Weisung eines Poliers Eisenbügel gestohlen und an einen Schrotthändler verkauft haben, statt sie in die Außenwände des Bahn-Schachts nahe des Historischen Stadtarchivs einzubauen. Auch an der Haltestelle Heumarkt fehlen der Stadt zufolge rund 80 Prozent der stabilisierenden Stahlbügel. Als Ursache für den Einsturz des Stadtarchivs vom 3. März, bei dem zwei Menschen starben, gilt dies nach Angaben der Ermittler aber nicht.

Oberbürgermeister verlangt rasche Aufklärung

Oberbürgermeister Jürgen Roters verlangt angesichts der zunehmenden Verunsicherung in der Bevölkerung eine rasche Aufklärung. Am Montag hatte er den Vorstandsvorsitzenden des Bauunternehmens Bilfinger Berger, Herbert Bodner, in einem Schreiben zu einer Stellungnahme aufgefordert. „Täglich wächst die Angst, weil immer neue Mängel bei der Bauausführung bekanntwerden“, schrieb Roters. Der „Kölnischen Rundschau“ zufolge soll nun die gesamte Führungsriege, darunter der Bauleiter und Oberbauleiter, des Bauunternehmens wegen der Pfusch-Vorwürfe freigestellt worden sein. Bilfinger war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.