Neid wird oft als Motiv für Gewalttaten angeführt, auch in diesem erschütternden Fall war dies der Grund: Der zwölfjährigen Charlyn aus Berlin-Neukölln wurde bei einem Sprengstoff-Anschlag der Arm zerfetzt, Bombenleger war der eigene Onkel, Peter John. Dieser wurde nun von der Polizei nach zehn Tagen Jagd gefasst.

Berlin. Es war eine der umfangreichsten Fahndungen der letzten Jahre und sie führte zum Erfolg: Die Polizei konnte am Samstag den mutmaßlichen Briefkasten-Bomber von Berlin fassen. Die Grausamkeit der Tat und die lebensgefährlichen Verletzungen des kleinen Mädchens hatten bundesweit für tiefe Erschütterung gesorgt, so dass die Polizei 10 000 Euro für Hinweise auslobte, die zur Ergreifung des Täters führen würden. Schlussendlich war es auch "Kommissar Zufall", der mithalf, Peter John zu fassen, wie Polizeivizepräsident Gerd Neubeck erklärte.

Während einer Routinekontrolle um 19.10 Uhr ergriffen Bundespolizisten den Gesuchten am Berliner Ostbahnhof, er hatte sich mit einer Perücke getarnt und stand in der Nähe der Schließfächer. Der mutmaßliche Bombenleger befindet sich mittlerweile in Haft. Über 100 Beamten jagten unter Leitung des Chefs der Mordkommission, Jörg Dessin, den Verdächtigen, der auf der Flucht Sprengstoffspuren hinterließ. Von zwölf durchsuchten Objekten hatten sich an vieren "sprengstoffverdächtige Gegenstände" gefunden. John soll außerdem auf dem Auto seines Schwagers einen getarnten, "scharfen" Gegenstand deponiert haben: Am Unglückstag fand der Vater des Mädchens ein Päckchen auf seinem Autodach, weil er sich nichts dabei dachte, legte es ins Auto und fuhr zur Arbeit. Am Nachmittag wurde er jedoch skeptisch und ging damit zur Polizei. Die Experten stellten schnell fest, dass sich auch in dem Paket Sprengstoff befand. Perfide: Etwa zur gleichen Zeit explodierte der Sprengsatz bei ihm zu Hause.

Seine kleine Nichte Charlyn, deren rechter Arm bei dem Sprengstoffanschlag zerfetzt und mehrmals gebrochen wurde, befindet sich heute, nach mehreren Operationen nicht mehr in Lebensgefahr. Sie hatte nachmittags gegen 16:20 Uhr den Briefkasten der Familie am Haus geöffnet, in dem sich der Sprengsatz befand und sofort detonierte. Charlyn erlitt neben den Verletzungen am Arm Verbrennungen zweiten Grades im Gesicht und am Oberkörper. Die Ärzte mussten sie in ein künstliches Koma versetzen, um ihr Leben zu retten. Eine Woche lang kämpften sie; dabei war längere Zeit unklar, ob der rechte Arm gerettet werden konnte, was nun als möglich erscheint. Die Eltern wachten ständig an ihrem Krankenbett.

Hintergründe der Tat sind laut Polizei eine lange schwelende Familienfehde, auch über Erbstreitigkeiten zwischen der Mutter des Mädchens und ihrem verdächtigen Stiefbruder wurde spekuliert. Zudem schickte John eine E-Mail an die Berliner Tageszeitung B.Z., welche die Polizei für authentisch hält. Darin begründet John das Attentat mit einem Familienstreit. John, der als Kind in eine Pflegefamilie kam, litt darunter, nie adoptiert worden zu sein. Deshalb fühlte er sich benachteiligt und misgönnte seinem Schwager und seiner Stiefschwester Christine das Leben, das sie führten.