Die Hamburger brauchen oft 45 Minuten Anlaufzeit. In Ingolstadt soll es am heutigen Sonnabend besser werden.

Hamburg. Es ist dieses Gefühl von Stärke, von Selbstbewusstsein, das sich nach erfolgreicher erster Halbzeit bei einem Fußballspieler einstellt, bestenfalls von Gewissheit, dass an diesem Tag trotz noch 45 zu spielender Minuten keine andere Mannschaft als die eigene den Platz als Sieger verlassen wird. Dokumentiert häufig durch entsprechende Gestik im Rasen-Tribünen-Dialog mit den Fans. Wenn St. Paulis Spieler in dieser Saison den Weg in die Kabine antraten, gab es statt gereckter Fäuste, Brust- und Schulterklopfer dagegen meist Kopfschüttler, Express-Fehleranalysen oder Diskussionen mit dem Schiedsrichtergespann. Zu oft benötigten die Hamburger Anlaufzeit, um spielerische Akzente zu setzen und ihre Torchancen zu nutzen. Eine Problematik, die in der letzten Partie 2012 unbedingt behoben werden soll. "Es wird ein Spiel, in dem wir von der ersten Minute voll da sein müssen", mahnt Trainer Michael Frontzeck vor dem Jahresabschluss am Sonnabend beim FC Ingolstadt (13 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de).

Unter seinem Vorgänger André Schubert traf die Mannschaft kein einziges Mal vor der Halbzeitpause, mittlerweile fielen immerhin vier der insgesamt 18 Tore in den ersten 45 Minuten. Dennoch: harmloser ist kein anderes Team, nur zweimal - beim TSV 1860 München und gegen den VfL Bochum - ging St. Pauli in dieser Saison mit einer Führung in die Kabine! Die Hamburger sind die Schlechtstarter der Liga. Wer nun die "Schlafmützen"-, oder "Schnarchnasen"-Titel bemüht, liegt dennoch falsch. Es sind nicht Unaufmerksamkeiten oder Aussetzer in der Defensive, die den Negativrekord bewirken. Vielmehr startete die Frontzeck-Elf meist konzentriert, stand von Beginn an diszipliniert gegen den Ball und kombinierte diesen nach Gewinn gekonnt und strukturiert in die Spitze, vergab dort aber reihenweise beste Möglichkeiten. "Es wird wichtig sein, gleich unsere Chancen zu nutzen", weiß auch Christopher Buchtmann, der nach einigen Fehlversuchen vor einer Woche gegen Aue gern mit gutem Beispiel vorangehen und endlich seinen ersten Treffer für St. Pauli erzielen möchte. Verbesserter Torabschluss als Grundlage für den gelungenen Jahresabschluss.

"Wir sollten immer noch genug Kraft haben, um in Ingolstadt etwas zu holen", sagt Buchtmann. Mit Leidenschaft und Willenskraft soll dem Kräfteverschleiß getrotzt werden. "Ja, die letzten Spiele waren anstrengend, besonders die Englische Woche mit den Top-Gegnern Braunschweig und Kaiserslautern, und wir freuen uns natürlich auf unseren Urlaub. Aber wir wollen noch einmal alles raushauen und unseren insgesamt positiven Trend mit in die Winterpause nehmen", sagt der 20-jährige Mittelfeldspieler, der die spielfreie Zeit bei seinen Eltern in Hameln verbringen wird.

Ihr persönliches Saisonaus haben Sören Gonther, Kapitän Fabian Boll, Florian Bruns und Kevin Schindler bereits hinter sich. Die Rekonvaleszenten schafften den Sprung in den Kader erwartungsgemäß nicht, immerhin flogen die angeschlagenen Christopher Avevor und Patrick Funk am Freitag mit nach München. Vor dem letzten Spiel des Jahres ist der Akku in den roten Bereich gerutscht, sehnsüchtig wird die anschließende Winterpause erwartet.

Avevor und Funk als kleine Hoffnungsschimmer, für die auch der seit fünf Spielen sieglose Gegner sorgt. "Die haben große Ambitionen und erfahrene Spieler, momentan aber gerade nicht ihre beste Phase", weiß Frontzeck. Zudem fehle den Ingolstädtern mit Stefan Leitl der entscheidende Spieler wegen einer Sperre, während bei St. Pauli mit Bartels ein Leistungsträger in der Offensive zurückkehrt. "Ich bin heiß. Und ausgeruhter als die meisten", so der 25-Jährige, der mit seinen vier Treffern nach Ginczek zweitbester Saisontorschütze ist. Erzielt hat er sie - natürlich - alle in der zweiten Halbzeit.