Erlöste Hamburger freuen sich über psychologischen Vorteil vor dem Rückspiel - 1,69 Meter kleiner Trochowski erzielt Tor per Kopf.

Hamburg/Bremen

Der mangelnde Schlaf war Piotr Trochowski am nächsten Morgen kaum anzusehen. Und obwohl der Hamburger nach dem nervenaufreibenden 1:0-Sieg seines Teams in Bremen in der Nacht zum Freitag erst gegen 2.30 Uhr todmüde ins Bett gefallen war, dribbelte der Nationalspieler bereits wenige Stunden später ähnlich munter am Trainingsgelände an der Nordbank-Arena auf wie am Abend zuvor im Weserstadion. Und genau wie nach dem Erfolg im Halbfinal-Hinspiel des Uefa-Cups gegen Werder war Trochowski auch am Tag danach der gefragteste Hamburger. Immer wieder sollte der Torschütze des einzigen Treffers erklären, wie er trotz seiner überschaubaren Körperlänge von 1,69 Meter das entscheidende Tor ausgerechnet per Kopf erzielen konnte: "In diesem Moment war ich 2,50 Meter groß. Dabei trainiere ich mein Kopfballspiel gar nicht so viel", antwortete Trochowski, der als Hobby-Basketballer das Springen gelernt hat. Doch obwohl der Basketballer Trochowski so oft wie möglich mit seinen drei Brüdern auf Korbjagd geht, schien der Fußballer Trochowski über sich selbst ein wenig überrascht zu sein.

Alles andere als überrascht war Torhüter Frank Rost über die starke Leistung seiner Kollegen, die nach der bitteren 2:4-Niederlage nach Elfmeterschießen gegen Werder im DFB-Pokal vor einer Woche dem HSV nicht viele zugetraut hätten: "Das Team ist intakt. Bei uns hat niemand geglaubt, dass wir nun einbrechen werden." Und obwohl die meisten HSV-Profis das Ergebnis als logische Konsequenz ihrer eigenen Stärke empfanden, war nach dem Schlusspfiff doch deutlich die kollektive Erleichterung über den erlösenden Sieg zu spüren. "Dieser Erfolg war sehr wichtig für unsere Seele", brachte Sportchef Dietmar Beiersdorfer die Gefühlslage der Hamburger Spieler auf den Punkt.

Und tatsächlich konnten die zahlreichen HSV-Anhänger unter den 37 500 Zuschauern bereits während der emotionsreichen 90 Minuten verfolgen, wie befreiend sich Trochowskis Kopfballtreffer auf die Mannschaft auswirkte. Anders als noch vor einer Woche, als das Team von Trainer Martin Jol in der ersten Halbzeit nicht ins Spiel gefunden hatte, präsentierte sich der HSV diesmal von der besten Seite. Der wunderschön von Guy Demel vorbereitete Kopfballtreffer Trochowskis (28.) - seinem ersten als Profi - war verdienter Lohn einer starken Teamleistung, die nicht nur die Fans anfingen ließ vom Endspiel in Istanbul zu träumen. "Dieser Sieg ist wichtig für unsere Psyche. Wir sind nun mit einem Bein in Istanbul, müssen es jetzt nur noch zu Ende bringen", blickte Innenverteidiger Michael Gravgaard dem Rückspiel am Donnerstag entgegen.

Die Flüge in die Türkei können aber noch lange nicht gebucht werden, das wissen alle Hamburger Spieler. "Wir dürfen und wir werden nicht vergessen, dass wir noch ein zweites Spiel zu bestreiten haben", mahnte Trochowski seine Mitspieler. Sollten er und seine Kollegen aber ähnlich ausgeschlafen auftreten wie am Tag nach dem Hinspielerfolg, dürften sich die Hamburger berechtigte Hoffnungen auf die erste internationale Endspielteilnahme seit 26 Jahren machen. Und davon zu träumen ist auch ohne viel zu schlafen erlaubt.

Bremen: Wiese - Fritz (85. Prödl), Naldo, Mertesacker, Boenisch - Frings - Tziolis, Özil - Almeida (61. Rosenberg), Pizarro.

HSV: Rost - Demel, Gravgaard, Mathjisen, Aogo (79. Benjamin) - Jarolim, Silva (76. Boateng) - Pitroipa, Trochowski - Olic (90.+1 Torun), Guerrero.

Tor: 0:1 Trochowski (28.). Z.: 37 500 (ausverkauft). SR.: Webb (England). Gelb: Tziolis (2) / Guerrero (3), Silva, Aogo (2).