Viele Wirtschaftszweige freuen sich während der EM über zusätzliche Einnahmen. Eine spürbare Auswirkung auf das BIP hat die EM jedoch nicht.

Köln. Dank „König Fußball“ rollt der Rubel - und das gilt in einem EM-Jahr ganz besonders. Ob beim international tätigen Sportartikelhersteller oder beim Fleischhändler gleich nebenan: Die Deutschen haben auch oder gerade während der Endrunde in Polen und der Ukraine ordentlich Geld in die Kassen der Unternehmen gespült. Fast vier Wochen schwarz-rot-goldene Party-Stimmung werden im Bilanzbuch ihre Spuren hinterlassen. In Arbeitnehmerdeutsch übersetzt heißt das: Ein 13. Monatsgehalt winkt.

Adidas beispielsweise rechnet in diesem Jahr dank der Endrunde mit Rekorderlösen von deutlich über 1,6 Milliarden Euro. Das wären nochmal 100 Millionen Euro mehr als im WM-Jahr 2010. Allein zur EM sei bislang etwa eine Million Trikots der deutschen Nationalmannschaft verkauft worden. „Und wenn Deutschland im Halbfinale Italien schlägt, kommen noch einige Hunderttausende dazu“, prognostizierte Firmen-Chef Herbert Hainer beim 2. Olympischen Sport-Kongress in Berlin.

Doch nicht nur Trikots waren bislang gefragt. Vor allem bei Spielen mit deutscher Beteiligung floss auf den Fanmeilen und in den Kneipen der Republik auch das Bier in rauen Mengen durch die Zapfanlagen. Marc-Oliver Huhnholz vom Deutschen Brauer-Bund weiß aber, dass mehrere Faktoren entscheidend sind. „Es macht einen Unterschied, ob ein Spiel der DFB-Elf an einem Samstag ausgetragen wird oder unter der Woche stattfindet“, darüber hinaus entscheide die Bedeutung des Spiels. Huhnholz geht dennoch davon aus, dass der Umsatz im Juni im Vergleich zum Vorjahr um ein bis zwei Prozent steigen wird.

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Passend zum „kühlen Blonden“ landet während der EM auch mehr Grillfleisch als gewöhnlich auf den Tellern der deutschen Fans. Das war bei der WM 2010 so, und das ist auch momentan der Fall. Allerdings darf ein wichtiger Faktor dabei nicht unterschätzt werden. „Natürlich gibt es vermehrt Grillangebote, die sich ausschließlich auf die EM beziehen. Aber die Kombination ist entscheidend. Selbst das beste Stück Fleisch wird bei schlechtem Wetter nicht verkauft“, sagte Klaus Hühne vom Deutschen Fleischer-Verband. Am Wochenende soll es ja sonnig und heiß werden.

Die EM als Wirtschaftsmotor? Sportökonom Markus Kurscheidt von der Universität Bayreuth warnt vor diesem Schnellschuss. „Bei der WM 2006, als wir ideale Rahmenbedingungen hatten, war das Bruttoinlandsprodukt lediglich um 0,13 Prozent gestiegen“, sagte er. Dies sei allerdings durch das „frische Geld aus dem Ausland“ möglich gewesen. In diesem Jahr werde Deutschland auf das Jahr gerechnet höchstens einen marginalen Aufschwung erleben. Ein knapper Monat Party könne nicht 12 Monate Wirtschaft beeinflussen.

Kurscheidt untersucht seit Jahren den Zusammenhang zwischen Fußball und Wirtschaftsentwicklung, er sagt: „Es geht vielmehr um die Image-Verbesserung eines Landes.“ Heißt: Der wirtschaftliche Aufschwung ist kaum messbar, dafür kann allerdings das jeweilige Gastgeberland langfristig auf weitere Touristen und Investoren hoffen.

Kein Geheimnis ist indes, dass die Börsen auf den Verlauf eines Fußballturniers reagiert. Bei einer Niederlage sinken die Kurse, weil auch im Land die Stimmung schlechter ist. Nach einem Sieg steigen sie dann alllerdings nicht, da dies nur als kleiner Schritt zu interpretieren ist. Sprünge machen würden auch die Börse aber beim Gewinn des EM-Titels.