Vorrundenprimus Hamburg Freezers steht erstmals seit zehn Jahren im DEL-Halbfinale. Jetzt wollen die „Eisschränke“, die im Oktober noch Tabellenletzter waren, auch den Titel.

Hamburg. Dimitrij Kotschnew gönnte sich einen Ausflug an die Ostsee. Ausspannen, neue Kraft tanken - der Viertelfinal-Held der Hamburg Freezers nahm vor dem Endspurt im Titelkampf der Deutschen Eishockey Liga (DEL) eine Auszeit.

Der Ex-Nationaltorwart hatte sie sich redlich verdient: Mit seinen Glanzparaden hatte der 32-Jährige, in Hamburg schon als „Titan“ gefeiert, die „Eisschränke“ zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder ins Halbfinale geführt.

„Er hat in den wichtigsten Szenen seine besten Paraden gezeigt, das ist eine ganz besondere Qualität“, lobte Trainer Benoit Laporte seinen Goalie. Kotschnew, der in drei Viertelfinalspielen nur ein Gegentor kassierte, blieb bescheiden: „Wir haben uns das Glück hart erarbeitet.“

Die unglaubliche Erfolgsgeschichte der Hamburger, die am Mittwoch (19.30 Uhr) gegen den ERC Ingolstadt ins Halbfinale starten, ist eng mit Kotschnew verbunden. Als die Freezers im Oktober am Tabellenende standen, war der 79-malige Nationalspieler nach einem Kreuzbandriss noch zum Zuschauen verdammt. Als er zurückkehrte, begann die Aufholjagd, die die Hamburger am Ende der Hauptrunde an die DEL-Spitze führte.

„Dadurch, dass wir erlebt haben, ganz unten zu sein, haben wir einen unglaublichen Zusammenhalt entwickelt, der uns durch die Hauptrunde getragen hat“, sagte Stürmer Garrett Festerling im Rückblick: „Wir haben gemerkt, dass wir uns aus jeder Situation selbst befreien können.“

Im Halbfinale soll das Hamburger Eishockey-Märchen noch nicht enden. „Wenn man so weit kommt, will man auch Meister werden“, sagte Nationalspieler Jerome Flaake, der beim entscheidenden 1:0 im sechsten Viertelfinale in Iserlohn das Tor des Tages erzielt hatte. Held des Abends war jedoch Kotschnew, der neun Sekunden vor Schluss einen Penalty abwehrte.

Auf dem Papier ist der Vorrundenprimus klarer Favorit, doch Kotschnew warnte vor dem Tabellenneunten Ingolstadt. „Sie haben eine wahnsinnig gute Truppe, die in den Play-offs gezeigt hat, was sie kann“, sagte der Goalie, „in der Vorrunde sind sie völlig unter Wert Neunter geworden.“

Die Oberbayern schalteten schon Titelverteidiger Eisbären Berlin und den Vorrundenzweiten Krefeld Pinguine aus. „Sie sind nicht unser Wunschgegner“, gab Kotschnew zu. Vor allem an die Auswärtsspiele in Ingolstadt haben die Hamburger schlechte Erinnerungen: Seit dem 1. März 2011 haben sie dort nicht mehr gewonnen.

Am 13. Oktober gingen sie in Ingolstadt sogar mit 1:5 unter, fünf Tage später stürzten sie ans Tabellenende. Doch an die „Krisers“ von damals, bei denen Trainer Laporte öffentlich angezählt wurde, erinnert heute nichts mehr. Mit Kotschnew und dem Kanadier Sebastien Caron (33) hat Hamburg das wohl beste Torwartduo der Liga, die Abwehr ist deutlich sattelfester geworden, und das Nationalmannschaftstrio Flaake (24), Festerling (28) und David Wolf (24) hat sich zu einer Topreihe in der DEL entwickelt. Auch in den Play-offs: Acht der 15 Viertelfinaltore erzielten die drei.

Für Wolf ist es wohl vorerst die letzte Chance, deutscher Meister zu werden. Der gebürtige Düsseldorfer, wegen seiner 102 Kilo auf 1,90 m Körpergröße „Eis-Monster“ genannt, wird die Freezers im Sommer verlassen - er wechselt zu den Calgary Flames, um sich den Traum von der NHL zu erfüllen.