Der ehemalige Eishockey-Nationaltorhüter Dimitrij Kotschnew rettet seinem Club den Halbfinaleinzug – und bleibt dennoch gelassen.

Hamburg. Für den freien Sonntag hatte er höchstselbst gesorgt, da lag es auf der Hand, dass Dimitrij Kotschnew ihn auch besonders genießen wollte. Mit einem Ausflug an die Ostsee belohnte sich der Torhüter der Hamburg Freezers für ein Spiel, „über das wir sicherlich in einigen Jahren noch reden werden“.

Neun Sekunden vor dem Ende des sechsten Viertelfinalspiels bei den Iserlohn Roosters hatte der 32-Jährige am Freitagabend einen von ihm verursachten Penalty gehalten und damit den 1:0-Auswärtssieg gesichert, mit dem die Mannschaft von Cheftrainer Benoît Laporte die Serie mit 4:2 abschließen und sich das für Sonntag angesetzte siebte Spiel sparen konnte.

Laporte war auch zwei Tage nach dem nervenaufreibenden Krimi in der „Hölle am Seilersee“ die Erleichterung anzumerken. Die Nervenstärke seines Torhüters, der vor dem Penalty sein Tor nach Ansicht der Schiedsrichter absichtlich verschoben hatte, beeindruckte den 53-Jährigen nachhaltig, vielmehr lobte er aber das Gesamtbild, das der ehemalige deutsche Nationalkeeper hinterlassen hatte.

„Dimi hat in den wichtigen Szenen seine besten Paraden gezeigt. Das ist eine ganz besondere Qualität“, sagte Laporte. Drei Playoff-Spiele hat Kotschnew bestritten, nachdem in den ersten drei Partien sein Konkurrent Sébastien Caron im Tor gestanden hatte, alle drei wurden gewonnen, Kotschnew kassierte nur einen Gegentreffer und schaffte in Iserlohn zweimal in Serie einen Shut-out (kein Gegentor) – eine überragende Bilanz.

Sich dafür überschwänglich selbst zu loben, das käme dem in Kasachstan geborenen Torhüter nie in den Sinn. Vielmehr ist Kotschnew das Fleisch gewordene Erfolgsgeheimnis der Freezers in diesem Jahr: Ein Mann, der auch in Phasen ärgster Anspannung noch die Ruhe bewahrt und sich auf das Wesentliche konzentriert. Dass er sich nach dem gehaltenen Penalty zu einem kurzen Jubel auf dem Eis hinreißen ließ, war eine Rarität. „Normalerweise beherrsche ich mich, aber da musste die Freude raus, weil ich wusste, dass das unser Sieg war“, sagte er.

Kotschnew ließ Atmosphäre in Iserlohn kalt

Ruhig zu bleiben, Gelassenheit auszustrahlen, das war schon immer Kotschnews Spielstil. „Ich glaube fest daran, dass es einer Mannschaft mehr bringt, wenn sie weiß, dass da hinten einer drinsteht, der sich nicht aus der Ruhe bringen lässt“, sagte er. Nach vier Jahren in der russischen Topliga KHL hat er so viel Erfahrung gesammelt, dass ihn die Atmosphäre in Iserlohn, wo er sechs Jahre gespielt hatte, kalt ließ. Und er hat spätestens in den zwei Spieljahren, die er bei den Freezers verbracht hat, gelernt, geduldig zu sein.

Nach dem im Frühjahr 2013 erlittenen Kreuzbandriss konnte er nur zuschauen, wie sein Ersatzmann Niklas Treutle das Team in den Play-offs gegen Berlin und der ersten Phase der Hauptrunde 2013/14 mit zu vielen Patzern auf die Verliererstraße lotste. Und als dann im Oktober, als die Freezers Letzter waren, Caron verpflichtet wurde, fürchteten einige, dass Kotschnew in Hamburg nicht mehr glücklich werden würde.

Es kam anders, weil sich beide Torhüter mit Laportes System der Arbeitsteilung abfanden, ihre Verträge sogar langfristig verlängerten und sich gegenseitig zu Leistungen anspornten, die Tage wie den vergangenen Freitag erst möglich machten. „Wir glauben beide an unsere Qualität, aber wissen auch, dass wir sie in jedem Spiel nachweisen müssen, damit wir unser gemeinsames Ziel erreichen“, sagte Kotschnew. Mit diesem Erfolgsrezept könnte auch die Halbfinalserie gegen den ERC Ingolstadt, die am Mittwoch (19.30 Uhr/O2 World) beginnt, eine werden, an die man sich gern erinnert.