Stefan Kießling ist mit Sicherheit der Bundesliga-Spieler, über den der laufenden Saison am meisten diskutiert wurde. Dabei geht es aber nur noch selten um seine zahlreichen Treffer.

Leverkusen. Interviews gibt Stefan Kießling seit einiger Zeit nur noch unter der Prämisse, „nicht über die Nationalmannschaft zu reden“. Seit Freitag steht für den Stürmer von Bayer Leverkusen ein zweites Thema auf dem Index: sein Phantomtor in Hoffenheim. Doch je weniger der 29-Jährige selbst reden will, desto mehr reden andere über ihn.

Keine Frage: Kießling ist in dieser Saison mit Sicherheit der polarisierendste Spieler der Bundesliga, in den Diskussionen am Stammtisch ist er Stammgast. Seine zahlreichen Tore - Kießling ist Torschützenkönig der vergangenen Saison und erfolgreichster Stürmer im Jahr 2013 - spielen dabei meist nur eine Nebenrolle. Zuerst wollten ihn die meisten der „80 Millionen Bundestrainer“ in die Nationalelf reden, nun fallen sie wegen angeblich mangelnden Fair Plays über ihn her.

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate ist eine Diskussion um „Kieß“ regelrecht zum Politikum geworden. Für Kießling selbst ist das alles nicht leicht. Schon als sich zahlreiche Fans und Experten für sein Comeback in der Nationalelf stark machten, wurde ihm das irgendwann alles zu viel. Der Torjäger versuchte den Befreiungsschlag, indem er - wenn auch mit Hintertürchen - klarstellte, dass es „den Nationalspieler Kießling unter Löw nicht mehr geben“ werde.

„Kießling ist sicher kein Kandidat für den Fair-Play-Preis“

Das Thema ist gerade etwas abgeebbt, Bundestrainer Joachim Löw hat ihn wieder links liegen lassen, eine Rückkehr scheint ausgeschlossen - da steht der gebürtige Franke schon wieder im Mittelpunkt einer hitzigen Debatte. Sein Kopfball in Hoffenheim war neben das Tor und durch ein kleines Loch ins Netz geflogen. Kießling hatte schon frustriert abgedreht und sich dann doch überzeugen lassen, Torschütze zu sein.

Seitdem wird nicht nur darüber diskutiert, ob das Spiel wiederholt werden muss, sondern auch darüber, ob Kießling nicht klar gesehen haben müsste, dass der Ball neben das Tor gegangen war. Zahlreiche Experten kritisieren ihn. So Harald Deneken, der Präsident der Deutschen Olympischen Gesellschaft („Kießling ist sicher kein Kandidat für den Fair-Play-Preis“), der langjährige Bundesliga-Trainer Ralf Rangnick („Er hat eine große Chance vertan, was für das Fair Play zu tun“) oder auch Ex-Schiedsrichter Hans-Joachim Osmers („Fair Play wäre Kießlings Pflicht und Schuldigkeit gewesen“).

„Die ganze Mannschaft steht hinter mir“

Kießling beteuerte, es nicht genau gesehen zu haben. Und eine Lippenleserin wollte gar erkannt haben, er habe Schiedsrichter Felix Brych gesagt, dass der Ball am Außennetz gewesen sei. Dennoch war der eben noch euphorisch als Nationalstürmer geforderte „Kieß“ der böse Bube. Die Diskussionen nimmt er sich sehr zu Herzen.

„Die ganze Kritik in den letzten Tagen war ziemlich hart“, sagte der 29-Jährige im vereinseigenen TV - nur dort und bei Facebook hat er sich seit Freitagabend geäußert. „Die ganze Mannschaft steht hinter mir. Sie wissen, wie es in mir drin aussieht. Aber ich hoffe, dass sich das Ganze bald etwas legt.“ Vielleicht kann Stefan Kießling dann irgendwann wieder unbeschwert Interviews geben.