Beide Entscheidungen will Löw jedoch erst in den kommenden Tagen mitteilen. Lahm gilt als Favorit auf das Kapitänsamt.

Eppan. Der Kapitän und die Nummer 1 stehen fest, allerdings wird Joachim Löw diese zentralen WM-Entscheidungen erst Mitte der Woche verkünden. „Wir sind in der Entscheidungsfindung klar“, sagte Löw am Pfingstsonntag in Südtirol. Vieles deutet darauf hin, dass Philipp Lahm die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bei der WM in Südafrika anführen wird und der Schalker Turnier-Neuling Manuel Neuer im Tor Tim Wiese und Hans-Jörg Butt im Tor ausgestochen hat.

„Er muss sehr integrativ und kommunikativ sein, darf nicht nur auf sich selbst und seine eigene Leistung schauen. Er hat auch repräsentative Aufgaben“, zeichnete der Bundestrainer ein Anforderungs-Profil für den neuen DFB-Kapitän. Dieses trifft nach dem Ausfall von Michael Ballack praktisch zu 100 Prozent auf den 64- maligen Nationalspieler Lahm zu.

Zwar können Lahms Bayern-Kollegen Miroslav Klose (94) und Bastian Schweinsteiger (73), die nach dem verlorenen Champions-League-Finale gegen Inter Mailand am Dienstag bzw. Mittwoch zum DFB-Team stoßen, mehr Länderspiel-Einsätze aufweisen. Doch Klose, mit dem Löw auch telefonisch einen engen Kontakt pflegt, muss nach einer persönlichen Katastrophen-Saison beim FC Bayern in den kommenden Tagen und Wochen vor allem um die eigene WM-Form ringen. Und Schweinsteiger hat als neuer Mittelfeld-Chef nach dem WM-Aus für Ballack ohnehin schon einen großen Berg an Verantwortung zu stemmen. „Ich muss natürlich erst mit den betroffenen Spielern sprechen“, betonte Löw.

Dass die Endspiel-Niederlage von Madrid für die gleich sieben Münchner WM-Kandidaten noch für längere Zeit eine Belastung sein kann, glaubt Löw nicht. „Alle können mit Stolz anreisen, sie haben eine Klasse-Saison gespielt. Ich bin sicher, dass sie hier den Schalter umlegen werden“, erklärte der Bundestrainer im WM- Vorbereitungscamp in Eppan. „Ich persönlich bin in erster Linie vor allem froh, dass sich keiner verletzt hat. Da war eine Anspannung“, gestand Löw, der schon die Ausfälle der Leverkusener René Adler und Simon Rolfes sowie Kapitän Ballack kompensieren muss.

DFB-TROSS LANDET IN SÜDTIROL

Mit den meisten Nationalspielern der Bayern-Fraktion wird der DFB- Chefcoach „die ersten Tage sehr vorsichtig sein“, um das Verletzungs- Risiko nach den großen physischen und mentalen Belastungen der vergangenen Wochen niedrig zu halten. Nur Klose und Mario Gomez müssen in Südtirol nach der Ankunft sofort Gas geben: „Sie werden vom ersten Moment an integriert und belastet, weil sie im Verein wenig Einsatzzeiten hatten“, kündigte der Bundestrainer an.

Lahm, der in 53 Pflichtspielen in dieser Saison keine einzige Minute fehlte, und Schweinsteiger dagegen könnten sogar beim nächsten Testspiel am Sonnabend gegen Ungarn noch geschont werden. „Das könnte durchaus möglich sein“, sagte Löw. Der 50-Jährige verriet zudem, dass die neue Nummer 1 auch die beiden noch ausstehenden Tests in Budapest sowie gegen Bosnien-Herzegowina bestreiten wird. Das hatte der Schalker Favorit Neuer genauso erwartet. „Da kann ich dem Manuel beipflichten“, sagte Löw.

Bei besten Bedingungen hielt der große Trainerstab auch zu Pfingsten die Belastung der Spieler hoch. Zu den Übungseinheiten auf dem Rasen der Sportzone Rungg scheuchte Löw seine WM-Kandidaten 90 Minuten auf Mountainbikes dermaßen durch die Weinberge, dass anschließend im Hotel zum Beine-Kühlen 150 Kilogramm Eiswürfel aufgetrieben werden mussten. „Ich konnte noch locker mithalten“, berichtete der Hobby-Biker Löw von der Tour.

Von der Arbeit und dem Einsatz seines gesamten Personals zeigt sich der Bundestrainer begeistert: „Sorgenkinder gibt es derzeit nicht.“ Im Gegenteil: Alle würden bei Sommerwetter „unglaublich hart arbeiten, wahnsinnig lernwillig sein und permanent aufmerksam“, berichtete Löw. Wenn er derzeit die Entscheidung treffen müsste, welche drei Spieler er noch aussortiert, „hätte ich niemanden im Kopf“, bemerkte der Cheftrainer: „Das wird schwierig.“ Spätestens am 1. Juni muss er dann aber ein Trio nach Hause schicken.

Besonders angetan ist Löw von Lukas Podolski, der sich in den WM- Vorbereitungstagen wieder als „Deutschland-Poldi“ präsentiert. „Er wird explodieren bei der WM“, sagte der Bundestrainer voller Überzeugung und bescheinigte dem Kölner eine körperliche Top- Verfassung, darüber hinaus eine „unglaubliche Dynamik“.

Zudem hat ihn der Stuttgarter Innenverteidiger Serdar Tasci bereits überzeugt: Man könne davon ausgehen, „dass er in den endgültigen Kader gehört“, verriet Löw. Auch der Bremer Per Mertesacker, der zwei Tage wegen eines grippalen Infekts nur leicht trainieren konnte, war am Sonntag bei der Übungseinheit wieder dabei.

In der kommenden Woche erwartet die Mannschaft gleich mehrmals prominenten Besuch. Der gebürtige Südtiroler Bergsteiger Reinhold Messner wird im DFB-Quartier am Donnerstag seine Erfahrungen mit Extrem-Situationen weitergeben. Zudem hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel angesagt. Bei der WM 2006 in Deutschland hatte die Kanzlerin auf der Tribüne mitgezittert, jetzt will sie dem DFB-Team persönlich alles Gute für Südafrika wünschen.