Mit 38 ist Chrischa Hannawald zurück auf der großen Handballbühne, von der er 2008 nach 16 Jahren in der höchsten Liga abgetreten war.

Hamburg. Wann er das letzte Mal vor einer so großen Kulisse gespielt hat? Chrischa Hannawald überlegt ein bisschen. Und noch ein bisschen. Dann sagt er: "Hm, ist schon eine Weile her. Irgendwann beim THW Kiel." Genau weiß er das auch nicht mehr. Das Spiel heute Abend (20.45 Uhr/dsf.de) wird ihm wohl länger im Gedächtnis bleiben. Im Trikot des HSV Hamburg wird Hannawald in die nahezu ausverkaufte Color-Line-Arena einlaufen, und 11.000 Zuschauer werden jubeln, auch und vor allem für ihn. Mit 38 ist er noch einmal zurück auf der großen Handballbühne, von der er im Mai 2008, nach 16 Jahren in der höchsten Spielklasse, abgetreten war. Und das gegen seinen früheren Verein, den TV Großwallstadt. Ein sportlicher One-Night-Stand mit einer alten Liebe.

Er musste nicht lange überlegen, als die Anfrage kam, ob er kurzfristig einspringen könne, falls Stammtorhüter Johannes Bitter operiert werden müsse. Natürlich konnte er: "Ich kann mit einem Spiel deutscher Meister und Champions-League-Sieger werden. So eine Chance bekommt man nicht oft im Leben." Wenngleich es passieren kann, dass Hannawald am Ende gar nicht zum Einsatz kommt, weil das Spiel auf der Kippe steht und Per Sandström das HSV-Tor vernagelt, wie die Handballer sagen. Es würde ihm nichts ausmachen: "Ich finde es einfach geil, dabei zu sein." Auch Emma Hannawald könnte damit leben. Die sechsjährige Tochter ist mit nach Hamburg gekommen, aber der Vater müsste lügen, wenn er behaupten würde, sie wolle ihn unbedingt einmal in Aktion erleben: "Sie freut sich schon ohne Ende, einmal ihren Freund Pascal Hens live zu sehen. Den kennt sie bisher nämlich nur vom Fernsehen." Morgen fliegt Hannawald mit Frau und Kindern nach New York. Spätestens dort wird der frühere Nationalspieler dann auflaufen, wenn ein Team aktueller und ehemaliger Bundesliga-Stars zweimal gegen US-Meister THC New York antritt.

Speziell vorbereitet hat sich Hannawald nicht. Gestern trainierte er beim HSV mit, aber nur, weil Präsident Andreas Rudolph darauf Wert legte. Beim Süd-Zweitlisten Bergischer HC, den er seit November hauptamtlich als Coach betreut, hat er sich zuletzt ein paarmal im Training zwischen die Pfosten gestellt. Aber nicht zu oft. "Ich wollte mich ja nicht verletzen." Als 18-Jähriger hat ihn einmal ein Gesichtstreffer einen Zahn gekostet. Seitdem spielt er mit Mundschutz. Er ist über die Jahre zu seinem Markenzeichen geworden. Vor allem aber die kurze Hose. Als er in seiner Jugend vom Fußball- aufs Handballfeld wechselte, hat er sie einfach angelassen. Später wurde ihm ein langes Beinkleid aufgezwungen, weil sich das für einen Handballtorhüter so gehöre. "Damals habe ich das noch nicht so infrage gestellt." Irgendwann hat der Mann mit der Nummer 22 seinen Kopf dann doch durchgesetzt. "Ich habe mich gefragt: Warum soll ich nicht zu meinen Wurzeln zurück?"

Bald wird der gelernte Schlosser die kurze Hose also wieder zusammenlegen. Wann er sie noch einmal hervorholen wird, ist nicht sicher, nur so viel: "Ein Comeback wird es nicht geben. Ich habe genug zu tun." Zusätzlich zum Training kümmert er sich beim BHC auch ums Marketing, nebenbei vertreibt er Sportartikel. Er vermisse nichts: "Ich bin glücklich mit meiner Karriere." Sie gipfelte im Gewinn der EM-Silbermedaille 2002 und des EHF-Pokals 2005. Dank seiner Paraden machte Tusem Essen damals im Finalrückspiel gegen Magdeburg acht Tore Rückstand wett. "Mein größtes Spiel", sagt er rückblickend. Das wird Chrischa Hannawald sicher nicht mehr vergessen.

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