Trainer Martin Jol brachte überraschend Thiago Neves von Beginn an. Der Brasilianer enttäuschte aber. Jarolim tragische Figur.

Hamburg. Es sollte ein Festtag werden, zwei große Namen in Europa trafen in der Nordbank-Arena aufeinander. Doch am Ende wurde es ganz, ganz bitter. Der HSV verpasste gegen Ajax Amsterdam nicht nur vorzeitig den Einzug in die K.o.-Runde zu sichern, sondern geriet durch die 0:1-Niederlage unter Druck. Am kommenden Donnerstag bei Slavia Prag müssen die Hamburger unbedingt punkten, auch Aston Villa (17. Dezember) wird alles andere als ein Spaziergang.

Dabei hatte sich HSV-Trainer Martin Jol etwas Besonderes für die Kreativ-Abteilung einfallen lassen und Thiago Neves aus dem Hut gezaubert. Was für eine Überraschung! Der Brasilianer war bisher auf erst sechs (Kurz-)Einsätze gekommen. Am 1. Oktober wurde er beim 0:3 gegen Hannover 96 noch einmal kurz eingewechselt, danach verschwand er für fast einen Monat in der Versenkung.

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Und nun kam er gleich im Uefa-Pokal zum Einsatz. Nicht die letzte Überraschung von Jol: Er ließ Mladen Petric draußen, der beste HSV-Torschütze (in allen Wettbewerben) musste auf der Ersatzbank Platz nehmen. Nur ein gerechter Ausgleich? Bei Ajax fehlte der verletzte Klaas Jan Huntelaar, beim HSV nun Petric. Für Jansen (Nacken) rückte zudem Aogo in die Startformation.

Das Spiel begann mit einigen Minuten Verspätung. Weil ein Loch im Tornetz war? Greenkeeper Reiner Reißner wurde gerufen, kniete am Netz, aber ob er es auch flickte? Es war wohl eher die Not des ZDF. Vor dem Spiel hatten die Mainzer Fernsehmänner darum gebeten, den Anstoß ein wenig zu verzögern, denn vor dem HSV-Spiel lief eine Sondersendung aus Bombay. Als es dann endlich losging, war es keine Überraschung, dass Neves keinen großen Einfluss auf das Spiel seiner Mannschaft nehmen konnte. Dem 23-jährigen Mittelfeldspieler, der mit Handschuhen spielte (wie Landsmann Silva), fehlt naturgemäß die Spielpraxis. Er lief viel, aber viel hinterher und auch ein wenig am Spiel vorbei. Thiago Neves attackierte mitunter sogar Ajax-Torwart Vermeer, er grätschte sogar einmal, aber entscheidende Impulse konnte er nicht setzen. "Er hat gespielt, mehr aber nicht", sagte Jol ohne Umschweife, dass er nicht zufrieden mit der Leistung des Brasilianers war. "Er war nicht bei hundert Prozent, aber nicht nur er."


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Es wäre auch falsch, die Niederlage nur an Neves, dessen körperliche Defizite offensichtlich waren, festzumachen. Die Niederländer standen eng am Mann, spielten aggressiv und trugen schnell ihre Konter vor, die allerdings lange Zeit vor dem Strafraum des HSV abgefangen werden konnten. Neves' Mitspieler hingegen konnten ihren Neuzugang kaum tatkräftig unterstützen. So erwischte Nationalspieler Piotr Trochowski einen "gebrauchten Tag".

Wenn etwas lief, dann noch über David Jarolim, der aber überfordert war, da er auch häufig nach hinten absichern musste. So kam es, dass die eigentlich ganz gefällig aufspielenden Olic und Guerrero nie in Position gebracht werden konnten, um zum Abschluss zu kommen.

Und ausgerechnet Jarolim wurde zur tragischen Figur des Spiels. Einen ungenauen Rückpass des Tschechen zu Joris Mathijsen konnte der eingewechselte Leonardo abfangen und - nachdem er erst mit einem Billardschuss den linken und rechten Pfosten getroffen hatte, zum 0:1 verwandeln. Jol brachte in der Schlussphase zwar noch Pitroipa und Petric, das Bemühen war zu erkennen, aber die offensiven Mittel blieben mehr als bescheiden. Ausgerechnet gegen Amsterdam verlor der HSV seinen Heimnimbus. Schlimmer jedoch: Die Offensivschwäche bereitet echte Sorgen für die Zukunft.