HAMBURG. Dass man einem Menschen nur vor den Kopf schauen kann, aber nicht hinein, ist eine Redensart, die jeder kennt. Ob es bei Pferden anders ist, hat noch keiner herausbekommen. Pferdebesitzer neigen dazu, in die Gesichter voll überschäumender Begeisterung und Zuneigung vieles hineinzugeheimnissen: Stolz, Selbstbewusstsein, Siegeswillen, Gegenliebe. Ganz so einfach ist das nicht, obwohl man weiß, dass besonders das Ohrenspiel allerhand verrät.

Einer der größten Galoppexperten aller Zeiten, der 31fache Meistertrainer und Weltrekordler Heinz Jentzsch mit 4041 Siegen (acht Derbysiege), hat gesagt: "Wenn ich die Namensschilder von den Stalltüren abnehme, wird ein Fremder großteils falsch raten, ob da ein gutes, ein mäßiges oder ein Championrennpferd in der Box steht." Jentzsch war stets davon überzeugt, dass, solange gewisse Mindestvoraussetzungen wie Gesundheit erfüllt sind, am Aussehen des stehenden Pferdes über dessen Leistungsvermögen weniger zu erkennen sei als meist angenommen. Was man eben nicht sehen kann, ist die Energie. Die zeigt sich erst dann, wenn die Pferde Leistung bringen sollen.

Die Möglichkeit, allein am Kopf zu erkennen, wieviel ein Pferd vollbringen kann, würde der heute 87-Jährige, der in Iffezheim lebt, in den Bereich der Fabel verbannen. Kleiner Test gefällig? Auf dieser Seite sind die aktuell zwei besten Galopprennpferde in Hamburger Besitz abgebildet. Das dritte Pferd ist eines, das weit mehr Charme vorweisen kann als Rennklasse. Der Hengst hat es immer wieder treu versucht, aber bei 24 Starts erst einmal gewonnen. Bei einem Zusammentreffen im Rennen würde er (theoretisch) wenigstens 50 Längen (100 Meter) hinter Schiaparelli ans Ziel kommen. Das große Foto zeigt Derbysieger Shirocco, der die deutsche Vollblutzucht seit einigen Jahren in England mit Glanz und Gloria vertritt.