Ellen Kuball ist neue Besitzerin des Vollblüters Naukos, der heute im “Langen Hamburger“ läuft.

Hamburg. Dass eines der super-alten Rennen des deutschen Turfs, der seit 1862 gelaufene "Lange Hamburger" heute unter dem Patronat eines Unternehmens der New Economy steht, ist nur eine der Geschichten rund um dieses 3200 Meter lange Rennen.

Die mit elf Startern aus vier Ländern diesmal geradezu sensationell gut besetzte Prüfung, die schon sieben Jahre vor dem Derby aus der Taufe gehoben wurde, hat noch mehr Geschichten zu bieten. Neben der episodenreichen Lebensgeschichte des Mitfavoriten All Spirit und seines Züchters, des Hamburger Turf-Originals und -Mäzens Egon Schulz, ist da auch "die Sache mit Naukos".

Man kennt die Geschichten, bei denen einer beim Preis-Skat oder einer Tombola ein lebendes Ferkel gewonnen hat, eine noch fidele Weihnachtsgans oder einen Karpfen. Es gibt aber auch den Fall, daß jemand auf einmal "ein Pferd auf'm Flur" stehen hat. So erging es jetzt der Hausfrau Ellen Kuball aus Grevenbroich am Niederrhein.

Sie investierte im März fünf Euro für zwei Lose bei einer Tombola auf einer Pferdemesse und ist auf einmal Besitzerin eines ausgewachsenen Galopprennpferdes. Besitzer auf Zeit, genau genommen, denn am Jahresende 2007 endet die Episode.

Das Pferd trägt den Namen Naukos, ist vier Jahre alt, ziemlich groß und dunkelbraun. Da das moderne Tierschutzverständnis natürlich verbietet, blindlings ein Pferd zu verlosen, auf die Gefahr hin, dass der Gewinner es gar nicht ernähren und artgemäß halten kann, ist vorgesorgt: Die Vereinigung der Rennpferdebesitzer und -züchter hat den Hengst nur für eine Rennsaison verlost, und zwar einschließlich aller Kosten für seinen Unterhalt.

Besitzerin Ellen Kuball kann alle Arbeit und Entscheidungen dem Kölner Trainer Hans Albert Blume und seinem Team überlassen. Sie betreuen Naukos auf der Nobelanlage des Gestüts Röttgen, das den Hengst gezüchtet und zur Verfügung gestellt hat.

Frau Kuball braucht dem edlen Tier nur ihre Streicheleinheiten und Anfeuerungsrufe zu widmen, kann sich vor den Rennen auf den Rennbahnen dieser Welt im Führring ergehen und sich anschließend auf dem Siegerpodest einstellen - sowie die Rennpreise kassieren, denn die gehören nach dem Reglement ihr. Das klingt vereinfacht und klischeehaft, ist aber genau so, denn, wie sich herausgestellt hat, weiß Naukos bisher kaum, was verlieren ist.

Fünfmal in seiner noch kurzen Laufbahn war der veranlagte Spätentwickler und Langstreckenspezialist am Start, viermal kam er als Sieger zurück, und das nicht in Vilsbiburg oder Quakenbrück, sondern zuletzt auf den Rennplätzen von Baden-Baden und - nicht zu glauben - Frankreichs Paraderennbahn in Paris-Longchamp.

Als Naukos seine Gegner an der Seine locker stehen ließ und seine Gewinnsumme für Ellen Kuball auf 17 400 Euro hochschraubte, war die Besitzerin aber gar nicht vor Ort, hatte die teure Reise gescheut. Nach Hamburg will sie heute aber kommen, wenn Adrie de Vries, der fliegende Holländer, mit ihrem Galopper die Horner Piste umrundet und dabei versucht, die besten Gegner in den Griff zu bekommen, mit denen er es bisher zu tun bekam.

"Der hat sich tüchtig verbessert und hat eine gute Chance, sich weit vorne zu platzieren", verspricht Trainer Hans-Albert Blume. Naukos' Eltern Kallisto und Nagoya haben beide Spitzenrennen in Italien gewonnen, Kallisto ist jetzt als Deckhengst erfolgreich. Die Ampeln stehen also auf Grün für Naukos und den "Rennstall Röttgen and Friends" von Frau Kuball. Für sie hat die ganze Sache nicht nur einen Pferdefuß, sondern deren gleich vier, aber trotzdem - oder gerade deshalb - ist es ein spektakulärer Glücksfall.

Mit All Spirit ist ein Lokalmatador am Start. Der fünfjährige Hengst des Hamburger Frisörs Egon Schulz (Stall Löwenherz) gewann 2006 den Gerling-Preis in Köln und 40 000 Euro, hat aber in diesem Jahr noch nicht viel gezeigt. Andrasch Starke reitet El Tango, der im vergangenen Jahr zwei Rennen gewann.