HAMBURG. So richtig spannend wirds für die Vorstandsherren des ehrwürdigen Hamburger Renn-Clubs (HRC) immer erst nach dem letzten Zieleinlauf. Wenige Minuten nach Präsentation der Schlussquoten offenbart der Computer im Sekretariat den Gesamtumsatz des Tages. So auch heute.

In der Addition der sieben Veranstaltungstage entscheidet dieser erheblich über das finanzielle Wohlergehen des 155 Jahre alten Vereins. Im vergangenen Jahr wurden am Dienstag 292 870 Euro verzockt, was einen dramatischen Rückgang von 33,4 Prozent gegenüber 2005 bedeutete. Zum Vergleich: 2001 wurden am Dienstag noch 715 832 an die Totokassen getragen, In den 90er-Jahren noch mehr.

"Das sagt alles!" meint Galopperpräsident Eugen-Andreas Wahler auch wenn die entscheidenden, großen Renntage noch ausstehen. Dass der HRC der finanziellen Zukunft dennoch positiv ins Antlitz blickt, basiert nicht auf dem fröhlichen Naturell der regierenden Gentlemen, sondern auf mehreren handfesten Faktoren. So wurde mit einem bewusst defensiven Etat kalkuliert, der dem Vorjahresumsatz (4,2 Millionen Euro) entspricht.

Im vergangenen Jahr war das Derbymeeting wegen der Fußball-Weltmeisterschaft drei Wochen später als sonst veranstaltet worden, mitten in der Ferienzeit. Das BMW 137. Deutsche Derby (Sieger Schiaparelli vom Stall Blankenese) wurde erst am 23. Juli gelaufen.

Diesmal wird der Wettstreit um das Blaue Band am 1. Juli gestartet; zudem ist keine große sportliche Konkurrenz in Sicht. Trotz wirtschaftlicher Talfahrt des Vollblutsports hierzulande - mit Halbierung der Wetteinsätze binnen weniger Jahre - dürfte dem HRC kein existenzbedrohendes Desaster bevorstehen.

Auch wenn die Präsenz des größten deutschen Turfereignisses im Fernsehen nach wie vor äußerst blamabel ausfällt, konnten die Sponsoreneinnahmen um 150 000 auf mehr als eine Million Euro gesteigert werden. Neue Werbepartner, aber auch neue Ideen wie die Initiative "Kunst & Pferd", sollen den hohen Altersschnitt des Publikums senken helfen.

Andererseits, so wird bemängelt, ist vom Galopp in Hamburg zehn Monate absolut nichts zu hören ein langfristig vielleicht verhängnisvoller Fehler in einer schnelllebigen und an Attraktionen reichen Stadt wie Hamburg.

Dritter Einnahmen-Pfeiler neben den Prozenten der Wetteinsätze sowie Sponsorengeldern sind Erlöse aus dem Eintritt. Allein am Derbytag werden wieder mehr als 40 000 Zuschauer in Horn erwartet. Da am Sonntag Sattelplätze 15 und Tribünenkarten zwischen 30 und 50 Euro kosten, fließen mehr als eine halbe Million Euro in die Kassen.

Abgerundet werden die Einnahmen durch Nenngelder der potenziellen Derbystarter. Wer seinen Vollblüter im Derby laufen lassen will, muss insgesamt 7500 Euro an Nenngeldern an den Renn-Club überweisen. Auch ob der Rekorddotierung von 1 052 400 Euro inklusive Züchter- und Besitzerprämien bleibt dem Renn-Club von diesen Zahlungen allerdings unter dem Strich nichts. Für die Derbyzukunft bedeutender als ein paar tausend Euro mehr oder weniger Wettumsatz ist die grundlegende Sanierung des ausrichtenden Traditionsvereins.

Bei seiner Amtsübernahme hatte Eugen-Adreas Wahler, Jurist aus Bad Bevensen, 2,2 Millionen Euro Schulden übernehmen müssen. "Diese sind praktisch komplett abgebaut mit allergrößten Anstrengungen", vermeldet Wahler. So wurden der Preis der Diana als enormer Verlustbringer abgegeben und die laufenden Geschäftskosten von einer Million Euro auf 300 000 Euro abgesenkt. Auch dank der Sparanstrengungen der HRC-Geschäftsführerin Ilona Vollmers, die "quasi jeden Cent umgedreht hat", so Wahler.

Mit Wirkung vom 30. Juni werden auch mehr als 200 000 Euro Steuerschulden passe sein. Getilgt wurden zudem mehr als eine Million Euro Bankverbindlichkeiten. Dieser entscheidende Akt der Entschuldung wurde durch eine Kapitalisierung der Erbpachtrechte (750 000 Euro) für das Hotelgrundstück auf der Rennbahn ermöglicht. In einem ähnlichen Pachtfall waren dem Club zuvor seitens der Stadt schon rund 400 000 Euro zugebilligt worden.

Unter dem Strich ergibt sich die Chance, bis zur Fertigstellung der geplanten Doppelrennbahn in zwei Jahren ohne rote Zahlen über die Runden zu kommen. Und dann, so die Hoffnung, soll ohnehin alles besser werden . . .