Hamburgs Superhengst Schiaparelli ist mit Jockey Andrasch Starke im Hansa-Preis dabei.

Hamburg. Es gibt eine Zahl im deutschen Galopprennsport, die sich in den letzten zehn Jahren verachtfacht hat. Es ist die Zahl der Auslandsgastspiele deutscher Rennpferde. 1592-mal starteten hiesige Galopper in anderen Ländern, wo sie Jahr für Jahr zwischen fünf und acht Millionen Euro an Rennpreisen gewinnen. Besonders der vom italienischen Staat massiv geförderte Betrieb auf Rennbahnen wie Mailand und Rom zieht fast jede Woche zahlreiche der besten und formstärksten Pferde aus Deutschland an. Den Rennveranstaltern in der Heimat fehlen sie schmerzlich.

Zu den Aufrechten, die sich gegen diesen vaterlandslosen Trend stemmen, gehört der Ehrenpräsident des Hamburger Renn-Clubs, Franz-Günther von Gaertner. Er trägt am Sonntag maßgeblich dazu bei, daß der 111. IDEE Hansa-Preis, eine Prüfung der internationalen Gruppe II, zu einem der qualitativ bestbesetzten Rennen des Jahres im ganzen Lande wird.

Der gute Mensch vom Süllberg, wie er im Turf von manchen genannt wird, schickt den Derbysieger von 2006, Schiaparelli, in das Traditionsrennen über 2200 Meter. Miteigner Michael Behrendt, er wird nächste Woche die berühmte Derby-Rede halten, ist einverstanden.

Die Herren leisten sich damit eine Art spezieller pferdesportlicher Hamburgensie. Statt auf schnöden Mammon in der Fremde machen sie Jagd auf einen Ehrenpreis, den der Hamburger Kaffee-Magnat Albert Darboven überreichen wird, von Gaertners Freund und langjähriger Vizepräsident im Renn-Club.

Das muß besonders reizvoll sein, wie Schiaparellis Züchter Bruno Faust verrät: "Den Hansa-Preis hat Herr von Gaertner schon vor vier Jahren einmal mit Aolus gewonnen. Ich habe den Eindruck, das hat ihm fast noch mehr Spaß gemacht als seine beiden Derbysiege."

Früher war es übrigens jahrzehntelang so, daß manche Pferde erst im Hansa-Preis starteten und dann eine Woche später im Derby. So etwa der Hengst Graf Isolani, dem 1929 der Doppelschlag in beiden Rennen gelang. Heute kommt eher die umgekehrte Reihenfolge vor: erst der Derbystart und dann ein Jahr später der Hansa-Preis.

Außer einer erlesenen silbernen Kaffee-Kanne als Trophäe und einem Pfund Bohnenkaffee aus dem Patenunternehmen bringt ein Sieg in diesem Rennen immerhin noch 66 867 Euro. Doch zum einen ist das weniger, als für Pferde dieser Klasse international oft zu holen ist, und zum anderen ist das Gewinnen angesichts der Klasse von Gegnern wie Oriental Tiger, Arcadio und Vorjahressieger Egerton durchaus nicht einfach.

"Ich bin aber überzeugt, daß Schiaparelli sich in letzter Zeit stark verbessert hat", sagt Peter Schiergen, der den Fuchshensgt in Köln trainiert. "Warum er nach seinem Derbysieg einen Durchhänger hatte, ist uns rätselhaft. Seine Blutwerte waren schlecht. Inzwischen ist alles bestens."

Auch seine im Rennen recht hinderliche Unreife soll der Vierjährige abgelegt haben. "Er lässt sich jetzt schon einfacher reiten", freut sich sein aus Hanstedt stammender ständiger Reiter Andrasch Starke. Im vergangenen Jahr noch haperte es im Rennen mehrfach am Geradeauslauf.

Mit fast 170 Zentimetern Stockmaß (Widerristhöhe) ist Schiaparelli, der den Namen eines italienischen Astronomen des 19. Jahrhunderts trägt, ein kapitales Exemplar der Rasse Vollblut. Gleichzeitig ist er ein besonders gut aussehendes Pferd, genau wie sein Hauptgegner Egerton. Schiaparellis Bruder Samum hat in den letzten Wochen erste ganz große Meriten als Vererber schneller Pferde gesammelt. Die beiden sind die einzigen Vollgeschwister mit Siegen im Deutschen Derby. "Aber es sind ansonsten zwei durch und durch unterschiedliche Pferde", betont Züchter Faust (Gestüt Karlshof).

Samum, der sechs Jahre ältere, aber sieben Zentimeter kleinere Bruder, war im Jahre 2002 bei seinem einzigen Versuch im IDEE Hansa-Preis nur Fünfter. Ein solcher Platz mit Derbysieger Schiaparelli wäre nach bisherigem Eindruck eine Enttäuschung für den erfolgsgewohnten Stall Blankenese der beiden Hamburger Gentlemen.