ABENDBLATT: Herr Schockemühle, wie fällt Ihre Derbybilanz aus?

PAUL SCHOCKEMÖHLE, sportlicher Leiter in Klein Flottbek: Toller Sport, spannende Entscheidungen, gutes Wetter, viele Zuschauer, beste Stimmung. Ich bin glücklich!

ABENDBLATT: Der neue Grasparcours entschärft den legendären Schwierigkeitsgrad erheblich. Wie reagieren Sie darauf?

SCHOCKEMÖHLE: Wir haben ja schon gehandelt und einige Sprünge höher gelegt. Das werden wir so beibehalten und von Fall zu Fall flexibel reagieren.

ABENDBLATT: Also unterscheidet sich der Parcours doch erheblich von jenem aus dem Startjahr 1920?

SCHOCKEMÖHLE: Es wird immer gesagt, der Parcours sei seit 87 Jahren unverändert. Tatsächlich ist das nicht der Fall. Was ja auch richtig ist, um sich dem steigenden Niveau des Springreitsports anzupassen. So wurde die Verankerung der Stangen permanent gelockert; sie fallen heute viel leichter als früher. Auch die Höhen der Hindernisse wurden ständig verändert - ich schätze mal um durchschnittlich 15 Zentimeter. Wobei klar ist: Die Sprünge an sich sind so wie sie immer waren.

ABENDBLATT: Fraglos übten die Flottbeker Tage einen großen Reiz auf das Publikum aus. Dennoch mangelte es an internationalem Flair. Wo bleiben die Cracks aus dem Ausland?

SCHOCKEMÖHLE: Das Derby ist schon sehr speziell, etwas Vergleichbares gibt es in anderen Ländern nicht. Folglich fehlt im Ausland die Möglichkeit, sich auf Hamburg vorzubereiten. Und ohne dieses sehr konzentrierte Training hat man hier eben kaum eine Chance.

ABENDBLATT: Wird Klein Flottbek damit zunehmend zum nationalen Derby?

SCHOCKEMÖHLE: Nein, es bleibt ein internationales Derby. Ich erwarte, dass der neue Parcours, der endlich auch internationalen Maßstäben gerecht wird, die Attraktivität Hamburgs im Ausland weiter steigert. Bisher brachte der Matschboden ein nicht unerhebliches Verletzungsrisiko mit sich. Das dürfte sich nun geändert haben.

ABENDBLATT: Muss das Preisgeld von derzeit 105 000 Euro erhöht werden, um international mehr zu locken?

SCHOCKEMÖHLE: Zehntausend Euro mehr oder weniger ändern nichts am Grundsatz der speziellen Vorbereitung für das Deutsche Springderby. Außerdem hat die Zahl der gut dotierten Prüfungen überall erheblich zugenommen. Die Reiter haben schlicht viel größere Auswahl.

ABENDBLATT: Wie ordnen Sie die Hamburger Pferdetage national ein?

SCHOCKEMÖHLE: Klein Flottbek ist top, keine Frage. Ich halte die Veranstaltung für die zweitbeste in Deutschland - knapp hinter Aachen.

ABENDBLATT: Wo ist noch Steigerungspotenzial?

SCHOCKEMÖHLE: Absolut zufrieden sollte man nie sein. Wir werden uns wieder kritisch an einen Tisch setzen und Bilanz ziehen. Im Bereich Abreiteplatz besteht Verbesserungsbedarf; bei etwas mehr Regen am Mittwoch wäre da nicht mehr viel gegangen. Auch freuen wir uns über die ausgeprägten Sendezeiten im Fernsehen, allein schon wegen unserer Sponsoren. Aber natürlich kostet das auch Zuschauer. Folglich wollen wir noch intensiver für einen Besuch in Klein Flottbek werben.