ABENDBLATT: Herr Kofler, am Montag hat Jan Ullrich bekannt gegeben, dass er künftig als Berater und Repräsentant für Ihr Volksbank-Team arbeitet. Wie fiel die Resonanz aus?

KOFLER: In Österreich überwiegend positiv. Es gibt natürlich geteilte Meinungen, das war uns von vornherein klar. Aber Jan hat bei uns einen sehr guten Namen. Auch aus Deutschland haben uns zahlreiche Fans geschrieben, die sich für Jan freuen, es aber andererseits schade finden, dass er aus Deutschland weggeht. Seine neue Aufgabe ist etwas ganz anderes, als was er bisher gemacht hat. Aber wir wollten ihm gern diese zweite Chance geben.

ABENDBLATT: Den Dopingverdacht konnte Ullrich bei seinem Rundumschlag nicht ausräumen. Haben Sie keine Bauchschmerzen?

KOFLER: Wir haben uns das alles natürlich gut überlegt und uns auch abgesichert, falls das Pendel wirklich zurückschlagen sollte. Es gibt heute doch keinen Sport, in dem Doping ganz wegzudenken ist. Über den Radsport wird nur mehr berichtet.

ABENDBLATT: Befürchten Sie keinen Imageschaden für Ihre Bank, wenn sich die Dopingvorwürfe bewahrheiten sollten?

KOFLER: Ich habe auch den Menschen Jan kennengelernt und denke, dass da nichts kommen wird. Wenn doch, täte es mir sehr leid, aber wir haben besprochen, wie wir damit umzugehen haben. Die Sponsoren stehen hinter uns. In Deutschland muss der Frust doch relativ groß sein, dass er das Land verlassen hat. Man schießt immer nur auf Jan, dabei ist der Radsportboom doch zum großen Teil ihm zu verdanken.

ABENDBLATT: Der österreichische Skiverband hielt trotz massiven Dopingverdachts an Trainer Walter Mayer fest. Gibt es bei Ihnen generell einen anderen Umgang mit dem Thema?

KOFLER: Das glaube ich nicht. Aber bei uns zählt die Unschuldsvermutung noch etwas. Wenn die Indizien wirklich so schwerwiegend sind, dann wundere ich mich, wieso er nicht längst des Dopings überführt wurde.

ABENDBLATT: Ullrich will sich bei Ihnen auch um die Nachwuchsarbeit kümmern. Ist es nicht ein fatales Signal, ihn auf Jugendliche loszulassen, solange Dopingvorwürfe im Raum stehen?

KOFLER: Da hat er sich im Eifer des Gefechts vielleicht vergriffen. Ihm liegt der Nachwuchs sicher am Herzen. Wir haben über die Basisarbeit gesprochen. Dazu gehört der Nachwuchs natürlich, aber eben auch andere Dinge. Jans Aufgabengebiet muss im Detail noch definiert werden.

ABENDBLATT: Was qualifiziert ihn denn für den neuen Job?

KOFLER: Sein Herz. Wie er neben dem Rad arbeiten kann, weiß ich nicht, aber das wusste mein Arbeitgeber auch nicht, als er mich eingestellt hat. Wenn er mit derselben Leidenschaft an seine Aufgaben geht wie bisher, wird es eine gute Sache für den österreichische Radsport insgesamt.

ABENDBLATT: Wie schwer hat es der Radsport im Wintersportland Österreich?

KOFLER: Es ist nicht einfach. Vor ein paar Jahren waren wir noch ein Dritte-Welt-Land in Sachen Radsport. Inzwischen hat es sich zum Positiven entwickelt, einige Firmen überlegen, in den Sommersport zu investieren. Aber die ganz große Begeisterung wie in Deutschland gibt es bei uns nicht.

ABENDBLATT: Werden Sie Ullrich raten, in die Offensive zu gehen, um die Vorwürfe auszuräumen?

KOFLER: Ich denke, das ist nicht unsere Aufgabe. Wenn man den Medien glauben darf, wird sich sowieso alles in Kürze aufklären.