Franz Beckenbauer löst beim Abflug eine neue Diskussion um die Zukunft von Münchens Trainer aus und sorgt damit für Verärgerung bei Manager Uli Hoeneß.

Barcelona. Eigentlich ist es ein unverfänglicher Termin. Vor dem Abflug zu Europapokalspielen stellt sich die Entourage des FC Bayern traditionell noch einmal den Fragen der Reporter, um ein paar Zuversichtsparolen in die Welt zu tragen. Am Dienstag aber, auf dem Weg zum Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League beim FC Barcelona (heute 20.45 Uhr, Sat.1 und Premiere live), war Franz Beckenbauer dabei. Zum ersten Mal seit Jahren bestieg der Vereinspräsident und Aufsichtsratsvorsitzende auf einer Europapokalreise wieder das gleiche Flugzeug wie die Mannschaft. Glücksbringer sollte er sein. Doch erst einmal stiftete Beckenbauer Unruhe: Er machte aus der Plauderrunde unversehens ein Politikum - indem er die Trainerfrage in den Raum stellte.

"Ich habe ja die Aussage von Karl-Heinz Rummenigge im Ohr, der gesagt hat, dass wir uns am Saisonende zusammensetzen und alles analysieren. Dann kann man ja womöglich reagieren", sprach Beckenbauer; er bezog sich auf Jürgen Klinsmann. Man kann sich gut vorstellen, dass Vorstandschef Rummenigge ein paar Flüche durch den Kopf zuckten, als er diese Worte vernahm. Hatte er nicht gerade am Montag - nach einem selbst auferlegten Schweigegelübde übers Wochenende - erneut ein Treuebekenntnis zu Klinsmann abgegeben? Ja, das hatte er, und zwar mit den Worten: "Er hat einen Vertrag, der ist klar. Einen anderen Plan haben wir nicht." Sicher hatte Beckenbauer das vernommen, beeindruckt hatte es ihn nicht. Nun also musste Rummenigge schon wieder versuchen, ein Feuer auszutreten: "Wir machen jetzt nicht nach jeder Niederlage eine Positionsbestimmung des Trainers", grollte er. Auch Manager Uli Heoeneß reagierte verstimmt: "Ich weiß nicht, ob es klug ist, einen Tag vor so einem wichtigen Spiel die Zukunft des Trainers auch nur anzudeuten oder zu diskutieren. Ich frage mich, ob der Franz noch nahe genug dran ist, um das zu beurteilen", kritisierte Hoeneß.

Zwar hat Beckenbauer bei operativen Entscheidungen wie der Besetzung des Trainerpostens nicht mitzubestimmen. Aber trotzdem hält er seine eigene Nachrichtensuppe abseits der offiziellen Vereins-Sprachregelung stets am Köcheln. Und weil seine Ansichten in der Öffentlichkeit aufmerksam registriert werden, können sie immer auch das Klima beeinflussen, in dem operative Entscheidungen getroffen werden.

Nun also hat Beckenbauer wieder aufs Tapet gebracht, was Rummenigge unbedingt niederbügeln wollte: dass das Duell mit Barcelona mit der Zukunft Klinsmanns verknüpft wird. Eigentlich hätte es eine relative komfortable Aufgabe werden können. Das vor der Saison ausgegebene Ziel für die Champions League ist erreicht, sogar mit der besten Bilanz aller Mannschaften. Und gegen die allenthalben als "beste Mannschaft der Welt" apostrophierten Katalanen hätte sich ein Ausscheiden ohne größeren Flurschaden verkaufen lassen. Nach dem 1:5 im Wolfsburg-Spiel aber hat sich die Großwetterlage verfinstert. Mit einer zweiten klaren Niederlage bekäme die Marke FC Bayern erhebliche Kratzer - und Beckenbauer Nahrung für seine Zweifel.

Erschwert wird die Situation der Bayern durch Personalsorgen. Neben Angreifer Miroslav Klose fällt mit Innenverteidiger Lucio ein weiterer Schlüsselspieler aus. Da Daniel van Buyten derzeit in Belgien seinem kranken Vater beisteht, dürfte für Lucio erneut dessen brasilianischer Landsmann Breno spielen, der in Wolfsburg an mehreren Gegentreffern beteiligt war. Beckenbauer wird in seiner Funktion als Fernsehexperte aufmerksam zuschauen - und danach sicher wieder ein paar offene Worte finden.